Neuss Sie gibt Flüchtlingen neue Hoffnung

Neuss · Najiba Koochi-Richtmann betreut die Flüchtlinge im ehemaligen St.-Alexius-Krankenhaus. Wie sich Asylbewerber fühlen, weiß die 48-Jährige aus eigener Erfahrung, denn sie selbst floh Ende der 80er Jahre aus ihrer Heimat Afghanistan.

 Najiba Koochi-Richtmann ist im ehemaligen St.-Alexius-Krankenhaus auch für die Kinder da – etwa für die Zwillinge Eva und Evanglin, deren Familie aus Ghana nach Deutschland geflüchtet ist.

Najiba Koochi-Richtmann ist im ehemaligen St.-Alexius-Krankenhaus auch für die Kinder da – etwa für die Zwillinge Eva und Evanglin, deren Familie aus Ghana nach Deutschland geflüchtet ist.

Foto: A. woitschützke

Sie ist die gute Seele im ehemaligen St.-Alexius-Krankenhaus: Najiba Koochi-Richtmann kümmert sich als Sozialbetreuerin um die rund 150 Asylbewerber, die derzeit in der neuen zentralen Anlaufstelle des Landes NRW an der Nordkanalallee untergebracht sind. Die gebürtige Afghanin ist seit Oktober 2012 angestellt bei European Home Care. Das Unternehmen ist verantwortlich für die Organisation, Unterbringung und Verpflegung im "Alex".

Koochi-Richtmann weiß aus eigener Erfahrung, wie es den Flüchtlingen ergeht. Im Jahr 1989 floh sie aus ihrer Heimat Kabul. "Wenige Meter von mir entfernt, schlugen ferngesteuerte Raketen auf einer belebten Straße ein", erinnert sie sich. "Es gab Tote und viele Verletzte." Dieses Erlebnis gab den Ausschlag, Afghanistan zu verlassen. Über Moskau und Amsterdam kam sie 1990 nach Deutschland. Ihr Asylantrag wurde jedoch abgelehnt, die Aufenthaltsgenehmigung befristet.

Erst viel später — mittlerweile war sie verheiratet und Mutter von zwei Töchtern — durfte sie bleiben. Die 48-Jährige spricht mehrere Sprachen: persisch, russisch, deutsch und englisch. Ihr Diplom als Sozial- und Literaturwissenschaftlerin wurde aber nie anerkannt. Nach ihrer Scheidung jobbte sie in den unterschiedlichsten Branchen. Ob als Verkäuferin bei Tchibo, als Servicekraft in der Kantine, als freie Dozentin oder als Kontrolleurin von Hotelzimmern — die Akademikerin war sich für keinen Job zu schade. "Jetzt aber habe ich eine innere Zufriedenheit mit meiner Arbeit", sagt sie. Denn Najiba Koochi-Richtmann weiß, was sich die Flüchtlinge am meisten wünschen: ein Gefühl der Sicherheit. "Viele kommen aus Kriegsgebieten, haben alles verloren, ihr Zuhause, ihre Arbeit, ihren Besitz", erzählt sie. "Diesen Menschen Sicherheit zu geben, bedeutet mir viel."

Morgens um 6 Uhr beginnt der Arbeitstag der Sozialbetreuerin. Als erstes sorgt sie dafür, dass all jene Asylbewerber in den richtigen Bussen sitzen, die um 7.15 Uhr zu bestimmten Behörden abreisen. Die einen müssen zur Ausländerbehörde nach Köln, die anderen zur Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach Düsseldorf. "Direkt danach kontrolliere ich die Transfers von Asylbewerbern in die ihnen zugeteilten Städte", erklärt Koochi-Richtmann. Während die 48-jährige mit ihren Listen über die Flure wuselt, hat sie für jeden ein freundliches Wort und immer ein offenes Ohr. Da gibt es den geflohenen Arzt aus Syrien, Monate der Angst und Verfolgung liegen hinter ihm. Im "Alexius", so erzählt er Najiba Koochi-Richtmann, habe er erstmals wieder eine Nacht durchschlafen können. Sie erzählt von der krebskranken Frau, die sie ins Krankenhaus begleitet, und trifft beim Vorübergehen auf die Mutter der 15 Monate alten Zwillinge Evangelin und Eva, die aus Ghana stammt. Spontan nimmt Koochi-Richtmann die beiden erkälteten Kinder auf den Arm und redet beruhigend auf sie ein. Es sind diese kleinen Gesten, die den Alltag etwas freundlicher machen in einer Einrichtung, deren Bewohner sehr viel Leid erlebt haben.

(NGZ/ac/url/top)
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