Shakespeare Garden 2021 Handlebards vermissen Neusser Festival

Neuss · Coronabedingt kann die Gruppe aus England nicht live im Shakespeare Garden auftreten. Aber sie streamen ihr Programm - von einem ganz besonderen Ort.

 Der weibliche Cast der Handlebards spielt Macbeth – das beliebte Stück über Aufstieg und Fall eines Tyrannen und seiner Frau.

Der weibliche Cast der Handlebards spielt Macbeth – das beliebte Stück über Aufstieg und Fall eines Tyrannen und seiner Frau.

Foto: Rah Petherbridge Photography

„Neuss ist einer meiner Lieblingsspielorte,“ sagt Paul Moss, Senior Producer der britischen Shakespeare Company „The HandleBards“ und bedauert sehr, dass sie dieses Jahr nicht live im Shakespeares Garden dabei sein können. Seit 2017 ist er mit seinen Kollegen fester Bestandteil des Neusser Festivals.

Die weibliche Cast der HandleBards beteiligt sich aber dennoch an dem Programm und wird am Donnerstag, 1. Juli, um 15 und 20 Uhr ihre Version von Macbeth live streamen. Die Tragödie um den Aufstieg und Fall des königlichen Heerführers Macbeth tourt im Moment – in HandleBards-Tradition selbstverständlich mit dem Fahrrad – durch England und Schottland. So wird der Neusser Live-Stream zeitgleich vor britischem Publikum aufgeführt und das an einem ganz exklusiven Platz: „Wir sind erstmals im Old Royal Naval College in Greenwich. Ein wunderschöner, historischer Ort.“ Als Teil von Maritime Greenwich gehört das College  zum UNESCO-Welterbe und gilt als eines der bedeutendsten Barockbauwerke Englands. Zahlreichen Film-Produktionen diente es bereits als Kulisse: So wurde der neuste Disneyfilm „Cruella“ dort gedreht und auch die Verfilmung des Musicals „Les Miserables“. Nun werden die Neusser vor dieser Kulisse auch das weibliche HandleBards-Ensemble bestehend aus Kathryn Perkins, Natalie Simone und Jenny Smith, die die drei Hexen verkörpern, sehen können. 

Umweltschutz und Nachhaltigkeit werden bei den britischen Barden seit der Gründung im Jahr 2013 großgeschrieben: Die Bühne wird in einem elektrischen Van transportiert, die Kostüme und Requisiten tatsächlich mit dem Fahrrad. Diese kommen von der britischen Traditionsmarke Pashley, die ihren Hauptsitz in Shakespeares Geburtsstadt Stratford-upon-Avon hat. Die Company selbst radelt durch das Britische Königreich: „Früher hatten wir sogar noch Zelte dabei, aber inzwischen schlafen wir in Hotels,“ erinnert sich der 30-Jährige und ergänzt lachend, „Hotels sorgen für glücklichere Schauspieler“. So werde dem Cast in diesem Jahr auch das Neusser Festivalhotel Dorint am Rosengarten sehr fehlen, denn „das Frühstück dort ist ganz wunderbar“.

Über die Frage nach seinem liebsten Lebensmittel in Deutschland muss der Schauspieler nicht lange nachdenken: „Altbier! Und dazu schmeckt dann jedes Essen“.

Mit „A Midsummer Nights Dream“ feierte die junge Crew 2017 Premiere in Neuss und ist seitdem ein sehr gern gesehener Gast am Rennbahnpark. Durch die vielen Auftritte beim Shakespeare Festival kennt die Truppe das Neusser Publikum gut und schätzt besonders dessen Enthusiasmus. „Die Atmosphäre im Neusser Globe ist wie elektrisch geladen und die Menschen empfangen uns so freundlich und herzlich. Wenn am Ende des Stücks das ganze Theater mit den Füßen stampft und applaudiert ist das für uns großartig“, erzählt Paul Moss. Besonders dankbar seien die Engländer, dass die Neusser „uns auch auf Englisch anhören, denn das ist ja nun mal nicht Eure Muttersprache“. Für gewöhnlich finden auch die Einführungen vor den Stücken auf Englisch statt und die Schauspieler fühlen sich dabei „wie in einer großen Familie“.

Die Pandemie, so erzählt Paul Moss, haben die Mimen gut überstanden. Er lebe mit seinem Kollegen Tom Dixon, dessen Freundin Lucy Green, ebenfalls eine Handlebardin ist, zusammen, so dass sie als Corona-WG in ihrem Wohnzimmer die neue Show vorbereiten konnten und immer in der Lage waren, zu arbeiten und Geld zu verdienen. „Wir spielen überwiegend outdoor, so dass wir auch im letzten Sommer einige Auftritte hatte. Zusätzlich haben wir Workshops angeboten, bei denen Interessierte per Zoom etwas über Shakespeares Werke und unsere Arbeit lernen konnten.“

Übrigens: Die Idee für die HandleBards, ein Wortspiel aus dem englischen Wort für (Fahrrad-)Lenker (Handlebar) und dem englischen Wort für Barden (Bard), hatte Paul mit seinem langjährigen Freund und Kollegen Tom Dixon: „Wir wollten nach dem Abschluss an der Uni etwas Lustiges machen, ein Abenteuer erleben.“ Und so machte sich damals die erste Cast aus einem Chemiker, einem Zoologen, einem Geografen und einem Anthropologen auf die erste Tour. Ausgebildeter Schauspieler ist keiner der Gründungs-Akteure. „Ich hoffe aber sehr, dass wir uns im Laufe der Jahre verbessert haben,“ sagt Paul Moss selbstironisch und freut sich schon jetzt, wenn er und seine Kollegen im nächsten Jahr wieder fürs Shakespeare Festival ins Neusser Globe kommen können. „One of these years“ sei dieses Jahr gewesen, aber 2022 heiße es wieder Bahn und Bühne frei für die radelnde Company aus England – denn dann steht der Anreise mit dem Fahrrad hoffentlich nichts mehr im Wege.

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