Schwalbenfreunde aus Neuss „Ostalgie“ auf zwei Rädern

Neuss · Sven Müller gründete 2005 die Schwalbenfreunde Weckhoven. Aus ganz Nordrhein-Westfalen schlossen sich Freunde der DDR-Fahrzeuge der Interessengemeinschaft an. Neben Werkeleien stehen auch immer wieder Ausfahrten an.

 Sven Müller kaufte seine erste Schwalbe schon vor seinem Führerschein. Ganz besonders für ihn: die Optik.

Sven Müller kaufte seine erste Schwalbe schon vor seinem Führerschein. Ganz besonders für ihn: die Optik.

Foto: Andeas Woitschützke

Ursprünglich war sie blau, dann rot, zwischendurch gelb und jetzt grün. Mit der Farbe hat sich auch der Besitzer der Schwalbe verändert: zunächst noch Schüler, dann selbstständig und nun Busfahrer. Eine Sache hat sich aber seit seiner Jugend nicht gewandelt: seine Begeisterung für Fahrzeuge aus der DDR. Besonders die Schwalbe hat es Sven Müller angetan. Noch ohne Führerschein kaufte er damals mit 16 Jahren sein erstes Modell – zu dieser Zeit wurde das Fahrzeug schon seit 18 Jahren nicht mehr gebaut.

Dass junge Menschen eine Schwalbe fahren, sei nicht sonderlich selten. Die meisten würden sie jedoch fahren, weil ein Moped-Führerschein genügt, obwohl sie ganze 60 Stundenkilometer auf die Straße bringen. Müllers Motivation sei aber eine andere gewesen: „Ich habe eine Schwalbe auf der Straße gesehen und fand die Optik so schön, dass ich es kaum erwarten konnte, eine zu kaufen“, erklärt der 32-Jährige. Seither sind viele weitere Fahrzeuge hinzugekommen: Nach eigenen Angaben hat Müller jedes Modell der Marke Simson schon besessen. Dennoch bestand die Faszination für das ostdeutsche Zweirad weiter fort.

Schnell fanden sich Gleichgesinnte, die sich in der Interessengemeinschaft Schwalbenfreunde zusammen taten. Aber auch DDR-Fahrzeug-Fans mit anderem fahrbaren Untersatz, wie einer „Duo“, einem ostdeutschen Dreirad, fanden den Weg nach Weckhoven, wie auch Ralf Lettgen. Die ersten sechs Jahre werkelten die Freunde fast täglich an den Gefährten und reparierten Fahrzeuge aus ganz Deutschland. „Es ist faszinierend, dass alle Fahrzeuge von Simson mit den gleichen Teilen gebaut worden sind“, so der 32-Jährige.

 Die ursprünglich blaue Schwalbe erstrahlt nun in grünem Glanz.

Die ursprünglich blaue Schwalbe erstrahlt nun in grünem Glanz.

Foto: Andeas Woitschützke

Neben dem Schrauben und Lackieren stehen auch immer wieder Ausfahrten auf dem Programm der Interessengemeinschaft. Auch eine Fahrt zum Werk von Simson in der ehemaligen DDR haben die alten Mopeds schon hinter sich gebracht. Dort fand die Gruppe viel Beachtung am Straßenrand, hatte es aber auch mit Kennern zu tun, die die Fahrzeuge genau unter die Lupe nahmen und das ein oder andere Teil erkannten, das nicht mehr original ist.

 Auf dem Kindersitz des Mopeds sitzt ein Teddybär, der auf seinen nächsten Einsatz bei der Volkspolizei wartet.

Auf dem Kindersitz des Mopeds sitzt ein Teddybär, der auf seinen nächsten Einsatz bei der Volkspolizei wartet.

Foto: Andeas Woitschützke

Das schönste an einer Ausfahrt mit den Schwalben – da ist sich Müller sicher: Wenn niemand bei der Fahrt liegen bleibt, ist das ein großer Erfolg, der allerdings nur selten erreicht werden konnte. „Meistens ist es passiert, dass jemand liegen geblieben ist und uns ist es erst drei Kilometer später aufgefallen, dass jemand fehlt – dann mussten wir alle umdrehen, konnten aber alle darüber lachen“, sagt der 32-Jährige lachend. Ralf Lettgen hatte aber immer das richtige Ersatzteil parat.

Zu 30 Jahren Deutscher Einheit machen die Schwalbenfreunde am Wochenende eine Tour durch die Eifel. Die Schwalben bleiben aber in der Garage und der Trabi darf ein wenig Eifel-Luft schnuppern, denn so kann den Freunden das Wetter nichts anhaben und auch die Familie kann dabei sein und ein wenig Ostalgie verspüren. „Außerdem sind die alten Schwalben echt nicht besonders komfortabel, alles ruckelt“, erklärt Lettgen. Es ist eine Hassliebe, die die Freunde mit den alten Mopeds verbindet. Trennen will sich der Weckhovener aber nicht von seinem ersten Fahrzeug, der Schwalbe.

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