Lokale Wirtschaft Schuldnern auf die Sprünge helfen

Lokale Wirtschaft · Neuss Der Verkäufer liefert, der Kunde zahlt - es könnte so einfach sein, ist es aber nicht: Um die Zahlungsmoral steht es in Deutschland nicht zum Besten, weder im Geschäft mit Privatkunden noch im "Business to Business"-Bereich. Mancher Geschäftpartner, der freudestrahlend Großbestellungen aufgibt, dreht, wenn es ans Bezahlen geht die Hosentaschen um oder taucht gleich völlig ab.

 Wenn der Mann mit dem „Kuckuck“ kommt, ist es oft schon zu spät, um Forderungen noch komplett durchzusetzen. Aktives Forderungsmanagement hilft im Vorfeld.

Wenn der Mann mit dem „Kuckuck“ kommt, ist es oft schon zu spät, um Forderungen noch komplett durchzusetzen. Aktives Forderungsmanagement hilft im Vorfeld.

Foto: NGZ

Neuss Der Verkäufer liefert, der Kunde zahlt - es könnte so einfach sein, ist es aber nicht: Um die Zahlungsmoral steht es in Deutschland nicht zum Besten, weder im Geschäft mit Privatkunden noch im "Business to Business"-Bereich. Mancher Geschäftpartner, der freudestrahlend Großbestellungen aufgibt, dreht, wenn es ans Bezahlen geht die Hosentaschen um oder taucht gleich völlig ab.

Forderungsverluste sind für Unternehmen schwer zu verkraften, verspätete Zahlungen oder der Totalausfall eines erwarteten Betrages kosten nicht nur Zeit und Geld. Der Gläubiger kann im schlimmsten Fall sogar selbst in eine wirtschaftliche Schieflage geraten.

Doch das Risiko lässt sich begrenzen. Wie, das erfuhren am Dienstagabend rund 120 Teilnehmer beim zweiten "Neusser Mittelstandsforum", einer Veranstaltung des Amtes für Wirtschaftsförderung der Stadt Neuss in Kooperation mit der Neuß-Grevenbroicher Zeitung. Partner für diesen Abend und zwei Folgeveranstaltungen im kommenden Jahr: die Creditreform Neuss/Düsseldorf Frormann KG und die CPM Creditreform Portfolio Management GmbH. Die Experten in Sachen Inkasso und Wirtschaftsauskunft gaben Praxis-Tipps für den Umgang mit "faulen Kunden".

Dabei scheint die Ausgangssituation für Unternehmen im Rhein-Kreis Neuss zunächst günstig. Dr. Detlef Frormann, Creditreform-Geschäftsführer aus Neuss, verwies auf statistische Auswertungen: Danach ist das Konjunkturklima im Raum Neuss aktuell so gut wie seit 2001 nicht mehr und auch die Insolvenzgefährdung nimmt ab. Dennoch sind Forderungsverluste ein heißes Thema - "das große Interesse an der Veranstaltung beweist es", so Frormann.

Gerade im Mittelstand seien die Margen oft eng gesteckt, zahlten Kunden könne dies schnell eine existenzbedrohenden Situation herbeiführen. Ein Grund: Im Gegensatz zu sinkenden Zahlen bei Firmenpleiten nehmen die Privatinsolvenzen drastisch zu. Die Schuldner werden immer jünger, nicht selten wird bereits mit dem ersten Handyvertrag der Grundstein für eine lange "Schuldenkarriere" gelegt.

Neben der Arbeitslosigkeit sieht die Creditreform vor allem die hohe Konsumneigung privater Haushalte als Ursache: "Besonders junge Menschen haben offensichtlich schlicht verlernt, mit Geld umzugehen", sagt Dr. Udo Brückner, Geschäftsführer CPM Creditreform Portfolio Management. Er konnte in der teils engagierten Diskussion mit den Teilnehmern des Mittelstandsforums erklären, wie sich Unternehmen wappnen können: "Prävention zum Schutz gegen Forderungsausfälle beginnt dort, wo es nichts kostet."

Bereits im Marketing ließen sich Weichen stellen, um spätere Forderungsausfälle zu vermeiden. "Sprechen Sie gezielt die für ihr Unternehmen richtigen Kunden an, definieren Sie die Zielgruppe, ermitteln Sie direkte Ansprechpartner."

Auch der Vertrieb gehöre mit ins Boot: "Koppeln Sie Provisionen an Ausfallquoten", riet Brückner und lenkte den Blick auch auf die Auftragsannahme: Genaue Erfassung aller Stammdaten, Bonitätsprüfung, eventuell mit Hilfe externer Dienstleister, Sicherungsmaßnahmen wie ein Eigentumsvorbehalt bis zum Begleichen der Rechnung, aber auch die Vereinbarung sicherer Zahlungskonditionen wie Vorkasse oder Nachnahme gerade bei Neukunden sowie die Dokumentation der Lieferung seien Eckpfeiler eines aktiven Forderungsmanagementes.

Nachbesserungsbedarf sieht Brückner gerade in kleineren mittelständischen Unternehmen auch im Bereich der Buchhaltung: Zu späte Rechnungsstellung, unklare, inkonsequente Mahnzyklen, zu lange Mahnfristen, Interessenkonflikte bei Mahnungen durch den eigentlich an weiteren Aufträgen interessierten Vertrieb, fehlende Gesamtübersicht über offene Forderungen - nur ein Auszug aus der Liste des CPM-Geschäftsführers, der auch mit kuriosen Beispielen dienen konnte: "Sie glauben gar nicht, was aus Versandhäuser alles in Justizvollzugsanstalten geliefert wird. Die Jungs dort haben Zeit zum Bestellen, aber leider wenig Geld in der Tasche. "Lieferadresse JVA" - ein Beispiel für die Bedeutung einer gründlichen Überprüfung von Anschriften und Kundendaten.

Tritt dennoch der Ernstfall ein und der Kunde zahlt nicht, rät Brückner zu konsequentem Handeln: zwei Mahnungen mit je sieben Tagen Frist, dann Liefersperre und gegebenenfalls Weitergabe der Forderung an ein Inkassounternehmen oder das Einschalten eines Rechtsanwaltes.

Alternativ könne auch selbständig mit gerichtlichen Mahnverfahren gearbeitet werden, die inzwischen auch über Online-Plattformen im Internet zu handhaben seien. Der Nachteil: Internen Zeit- und Personalaufwand müssen Unternehmen selbst tragen. Schalten sie externe Dienstleister ein, können die Kosten dafür auf die Rechnung an säumigen Zahler aufgeschlagen werden.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort