Erzbischöfliches Gymnasium Marienberg Neuss Ein pädagogischer Baumeister geht

Neuss · Josef Burdich ist seit 2006 Leiter des Erzbischöflichen Mädchengymnasiums Marienberg. Jetzt scheidet er aus dem Amt. Sein Motto: „Jedes Kind hat Stärken.“

 Die Schülerinnen am Gymnasium Marienberg haben Josef Burdich eine Fotowand geschenkt – mit einem Countdown für die letzten Tage als Schulleiter.

Die Schülerinnen am Gymnasium Marienberg haben Josef Burdich eine Fotowand geschenkt – mit einem Countdown für die letzten Tage als Schulleiter.

Foto: Andreas Woitschützke

Neuss Am Erzbischöflichen Gymnasium Marienberg stehen wieder Baugerüste. Schule, so ist die Botschaft, die von ihnen ausgeht, wird nie fertig. Das gilt baulich wie pädagogisch. Seit seinem Referendariat 1981 hat Josef Burdich (65) auf diesen Baustellen mitgewirkt, doch die Erneuerung der Toiletten am „Marymount“ (baulich) und die Rückkehr zu „G 9“ oder die Umsetzung digitaler Bildung (pädagogisch) überlässt der Direktor seinem Nachfolger beziehungsweise seiner Nachfolgerin. Seine Zeit im Schuldienst läuft ab, wie ihm der Countdown mit Fotowand und dem Hinweis „Wir wünschen Ihnen noch schöne Schultage!“ deutlich macht, den ihm „die Mädchen“ vor das Lehrerzimmer gestellt haben, als er noch 50 Tage „auf der Uhr hatte“.

In seiner langen Laufbahn als Schüler und Lehrer hat Burdich viele Reformen erlebt, zuletzt eben das Abitur nach acht Jahren (G 8). „Die Gesellschaft wälzt viel auf die Schule ab“, nennt Burdich einen Grund, der aus seiner Sicht hinter diesem ungebrochenen Reformeifer steht. Auch „G 8“ sei vorschnell und „aus rein wirtschaftlichen Gründen“ eingeführt worden. „Das wird jetzt mit Recht korrigiert“, sagt Burdich, auch weil die Rückkehr zu „G 9“ den Schülern mehr Möglichkeiten gibt. Am Gymnasium Marienberg aber bleibt das Abitur nach acht Jahren als Wahlmöglichkeit erhalten, denn das vor „G 8“ erfolgreich angewandte Springermodell kehrt zurück.

Was die Schulreform im Großen, ist die Schulpolitik der Stadt im Kleinen. Mit der hat der Leiter des Marienberg nicht unmittelbar zu tun, weil das Erzbistum Köln Träger der Schule ist und nicht die Stadt. Mit dem, was ihn dennoch vor Ort erreicht, ist Burdich nicht zufrieden. So kritisiert er, dass nur noch die Realschule Holzheim existiert und alle anderen geschlossen wurden. Zu einem differenzierten Schulsystem gehöre diese Schulform als Partner der Gymnasien aber unbedingt, sagt er – auch weil dort jene Schüler Erfolg haben, die am Gymnasium nicht mithalten konnten.

Solche Mädchen gibt es auch am Marienberg, sagt Burdich, der aber stolz darauf ist, dass seine Schülerinnen in der Regel das Lernziel erreichen. Ein Grund dafür ist für ihn, dass Förderung am Mädchengymnasium groß geschrieben wird. Die – oft genug sehr erfolgreiche – Teilnahme am Wettbewerb „Jugend forscht“ steht dafür. Der Fördergedanke fußt aber auch auf einer Einsicht, die Burdich „Mein Mantra“ nennt: „Jedes Kind hat Stärken“ – und sei es „nur“ außerschulisch im Sport oder beim Theaterspiel. Diese zu erkennen und auszubauen fördert ein Selbstvertrauen, „dass sich auch auf andere Fächer überträgt“.

„Seine Fächer“ waren für Burdich, den Sohn eines Aschaffenburger Altphilologen, immer Latein, Griechisch und Geschichte. Das war an dem humanistischen Gymnasium schon so, das er absolvierte, und setzte sich im Studium, das Burdich nach Bonn brachte, fort. Griechisch ist zwar aus dem Unterricht verschwunden, Latein aber am Marienberg eine feste Größe. Ein Latein-Leistungskurs ist noch jedes Jahr zustande gekommen. „Die Sprache Latein zwingt dazu, genau hinzusehen“, sagt Burdich. „Der Code steckt in der letzten Silbe.“

Dass er Lehrer werden könnte, wurde ihm als Jugendleiter der Stadtranderholung Aschaffenburg klar. Dass er Lehrer wurde, erlebt er noch immer als Geschenk: „Es gibt keinen schöneren Job.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort