Neuss Schreib-Arbeit in Hombroich

Neuss · Die aus der Steiermark stammende Lyrikerin Sissi Tax hat einige Wochen auf der Raketenstation verbracht, um zu arbeiten. Sie schätzt den Kontrast zum Leben und Arbeiten in Berlin-Charlottenburg, wo sie seit 1982 wohnt.

 Die Literatin Sissi Tax hat einige Wochen auf der Raketenstation im "one-man-house" gelebt.

Die Literatin Sissi Tax hat einige Wochen auf der Raketenstation im "one-man-house" gelebt.

Foto: woi

Sie mag das Haus. Weil es so minimalistisch ist. Weil es ruhig und abgeschieden liegt. Und weil gleich nebenan ein Gebäude steht, das ein Mann entworfen hat, der ein sehr guter Freund war. Deswegen ist es Sissi Tax auch ein Herzensanliegen, dass das "Haus der Musiker" auf der Raketenstation nach den Plänen des vor einem Jahr gestorbenen Architekten Raimund Abraham wirklich fertiggestellt wird.

Aber nicht nur deswegen wird sie die Entwicklung der "Rakete" auch weiterverfolgen, wenn sie wieder in Berlin ist. Denn die aus Österreich stammende Lyrikerin Sissi Tax ist Hombroich schon länger und stark verbunden, war schon bei Symposien dabei, kennt die Entstehungsgeschichte.

Und dennoch: Es ist etwas anderes, da auch zu wohnen. Wo nichts an das laute und quirlige Berlin erinnert, wo sie seit fats 20 Jahren lebt. Aber: "Ich brauche diese Balance", sagt die 57-Jährige, "sie ist oft nur schwierig herzustellen." Das "one-man-house" auf der grünen Wiese aber hat es ihr angetan.

Viel Platz ist zwar nicht, aber Laptop, Schreibmaschine und Block finden auf dem Tisch ausreichend Platz. Und Bücher kann man schließlich stapeln. Ohne Grundriss des Holzhauses, so viel steht fest, wird sie Hombroich nicht verlassen.

Aber dankbar ist sie schon, dass man ihr eine "Verbindungsleihgabe" vors Haus gestellt hat: ein Fahrrad, mit dem sie "ritualisierte Wege" nach Holzheim zum Bahnhof oder nach Neuss in die Innenstadt zurücklegt. Das ist aber auch schon alles an Ablenkung, was sie sich zugesteht. In Berlin, so sagt sienämlich lächelnd, gebe es zu viel davon: "Hier muss ich mich nicht abgrenzen, habe wieder begonnen, sehr viel zu lesen."

Was davon in ein neues Werk fließen wird, vermag sie noch gar nicht zu sagen. Aber es wird passieren, dessen ist sie sicher. Weil es immer so ist. Und etwas Handgeschriebenes liegt auch schon da. Sissi Tax arbeitet dreigleisig. Zunächst mit Stift auf Papier. "Per Hand in einem Regenwurmtempo", sagt sie.

Und ergänzt lachend: "Ist mir gerade eingefallen, weil Regenwürmer die Erde durcharbeiten, und ich die Wörter." Heikel sei sie im Umgang mit dem Wort, gibt sie zu, überlegt sehr genau, was und wie sie antwortet. Und was sie schreibt. "Sprachzirkusreif" wurde ihr jüngstes Buch "und so fort" gelobt. In dem sie darüber schreibt, dass sie nicht schreibt, oder vielleicht doch ...

Die Windungen, in denen sie schreibt, findet sich auch in ihrer gesprochenen Sprache wieder. Und dazu passte es eben auch, dass sie für die ersten Gedanken Papier und Stift nimmt — nur so kann sie auch immer wieder neue Assoziationen zwischen die Zeilen und das schon Gedacht-geschriebene setzen.

Danach erst kommt die alte Schreibmaschine zum Zug und schließlich der Laptop. Im one-man-house. so scheint es, findet sie auch zu einer Arbeit zurück, die sie eigentlich nicht mehr machen wollte: die Übersetzung aus dem Amerikanischen.

Eigentlich sollte es bei dem Buch (gemeinsam mit Oskar Pastior) "Ein Buch mit da hat der Topf ein Loch am Ende eine Liebesgeschichte" zu und über Gertrude Stein bleiben, aber nun liegt da "Wittgenstein's Mistress" von David Markson und "ist aus den USA zu mir gelangt". Eine Danaer-Geschenk, wie sie findet, denn vermutlich wird es ihren Entschluss, nicht wieder zu übersetzen, doch ins Wanken bringen.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort