Neuss Schlote reist nie ohne Buntstifte

Neuss · Wenn der Künstler Wilhelm Schlote sein Pariser Domizil verlässt, hat er immer ein Päckchen mit seinen Lieblingsbuntstiften dabei. Derzeit arbeitet der Zeichner in Köln, wo auch sein Neuss-Plakat entstehen wird.

Wenn Wilhelm Schlote zu Stift und Papier greift, braucht er eine bekannte Umgebung. Deswegen hat der vornehmlich in Paris lebende, aber auch viel reisende Künstler noch ein Atelier in Köln, wo er dann zum Beispiel ausarbeitet, was ihm die Neusser antragen werden. Denn der Zeichner wird Vorschläge von NGZ-Lesern in sein "Neuss-Plakat" einarbeiten, das die typischen Eigenarten der Quirinusstadt spiegelt. "Und das kann ich nicht im Hotel", sagt der 64-Jährige, der sich aus zwei Gründen für Köln als Brückenkopf entschieden hat: "Es liegt so wunderbar zentral, und außerdem wohnen meine Tochter und meine Enkelin dort."

Wichtigstes Gepäckstück ist auf seinen Reisen eine Box mit Stiften. Schlote, der als "Buntstiftmaler" bekannt ist, arbeitet am liebsten mit einer Marke aus der Schweiz, die derzeit nicht in Deutschland, aber wenigstens in Frankreich auf dem Markt ist. Also deckt er sich reichlich ein, bevor er sich auf den Weg ins Rheinland macht, denn er weiß noch zu gut, wie schwierig es war, Ersatz zu finden, als seine früher bevorzugten Buntstifte aus England vom Markt verschwanden. "Aber das Papier aus Mailand, das ich benutze, bekomme ich auch in Köln", sagt er lachend.

Seit Anfang der 80er Jahre zeichnet Schlote immer wieder Stadt-Plakate – eines von Neuss gehörte zu den ersten. Wichtig ist ihm allerdings, dass daraus kein Massenprodukt entsteht. Am liebsten ist ihm eine Auflage um die 500 Exemplare, und er mag es, seine Kunst dann auch zu signieren. Dabei waren die Stadt-Plakate ursprünglich mal eine "Notlösung", gibt er zu. Als er nämlich Ende der 1970er Jahre spürte, dass seine Strichmännchen-Postkarten ("Schlote-Karten") auf immer weniger Resonanz stießen und er sich überlegen musste: "Was machst du jetzt?" Schließlich musste die Miete weitergezahlt werden. Und so verfiel er auf die Idee, Stadt-Plakate zu zeichnen: "Der Aachener kauft es wegen Aachen", erzählt er schmunzelnd, "aber muss dann mit einem Schlote an der Wand leben."

Der Erfolg seiner Stadt-Plakate hält bis heute an. Vermutlich, weil der Künstler zum einen das Bedürfnis nach Identifikation des einzelnen Bürgers mit seiner Stadt erfüllt und gleichzeitig einen ganz eigenen künstlerischen Ausdruck dafür hat. "Wie Telefonskribbel", so sagt er, entstehen die bunten Stadtbilder. Er sucht sich ein Motiv, in dem er eine Geschichte sieht, die mit seiner Kunst zu tun hat, und dann kommt immer mehr dazu. Manchmal ist er nur vom Namen schon ganz angetan: "Eierdieb – das könnte es sein, denn Eier haben mit Farben zu tun ..." Und man glaubt förmlich, die Skulptur von Oswald Causin aus dem Stadtgarten unter seinen Händen als buntes "Kritzelbild" entstehen zu sehen.

(NGZ)
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