Neuss Schauspieler, Autor, Fotograf - Hanns Zischler will nur Künstler sein

Neuss · Beim Literarischen Sommer stellt Zischler in Neuss sein literarisches Debüt "Das Mädchen mit den Orangenpapieren" vor.

 Hanns Zischler liest im Theater am Schlachthof.

Hanns Zischler liest im Theater am Schlachthof.

Foto: Julia Baier

Das Deutsch-niederländische Festival Literarischer Sommer begrüßt am nächsten Donnerstag einen prominenten Gast. Prominent? Bei der Nennung des Namens "Hanns Zischler" ist meist leichtes Zaudern angesagt: "Hanns...wer?", doch beim Anblick des Fotos folgt immer: "Ach, der!".

Als Schauspieler gibt der 1947 in Nürnberg geborene Christoph Johann Zischler perfekt den Star aus der zweiten Reihe. Und dies in über 220 Filmen, darunter nicht wenige mit Hollywood-Format. Den ganz großen Ruhm heimsen aber die anderen ein - womit er gut leben kann. Jetzt kommt Zischler als Autor für eine Lesung in das Theater am Schlachthof. "Das Mädchen mit den Orangenpapieren" ist sein literarisches Debüt. Der vielseitige Künstler ist aber auch mit fotografischen Arbeiten erfolgreich und hat vor etlichen Jahren sogar einen eigenen Verlag, nämlich "Alpheus" in Berlin, gegründet.

Die nur etwa 100 Seiten lange Erzählung ist eine Flüchtlingsgeschichte. Sie handelt von Elsa, einem Mädchen, das es Mitte der 50er Jahre mit seinem Vater von Dresden nach Bayern verschlagen hat. Das Sammeln von Orangenpapieren eröffnet ihm ungeahnt neue Wege.

Auch Zischler selbst besitzt eine Sammlung jener dünnen, mit bunten Motiven bedruckten Papierchen, mit denen die Südfrüchte vor Transportschäden oder Schimmel geschützt wurden. "Damit habe ich aber nicht als Kind begonnen, und ich tausche meine Orangenpapiere auch nicht auf Sammlerbörsen", sagt der Autor. Welches seiner vielen Talente würde er denn am liebsten als Berufsbezeichnung angeben? "Keines. Ich gehe einfach verschiedenen Dingen nach, und meine Kräfte diktieren die Maßgabe. Wenn ich fotografiere, spiele oder schreibe, nehme ich mir einfach die Zeit, die für eine ernsthafte Ausübung dieser Tätigkeiten erforderlich ist." Dann folgt doch eine Berufsbezeichnung: "Künstler vielleicht. Auf keinen Fall Multitalent, ein schreckliches Wort."

In den 1980er Jahren hat Zischler sich lange und intensiv mit Franz Kafka beschäftigt. 1995 schließlich erschien "Kafka geht ins Kino", ein preisgekröntes Werk über Literaturverfilmung. Als indes kürzlich die opulente Kafka-Biografie erschien, für deren 2000 Seiten Reiner Stach 18 Jahre gebraucht hat, war für Zischler klar: Da ist eine Leidenschaft wohl aus dem Ruder gelaufen, das ist nichts für ihn.

Und auch zum Thema Prominenz hat der Künstler ein klares Urteil: "Wenn jeder mit seiner besonderen Bedeutung herumwedelt, wie soll man dieses Namensgewusele noch verarbeiten?"

Die Lesung am Donnerstag beginnt um 19.30 Uhr.

(NGZ)
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