Neuss Sachensucher und Sammler

Neuss · Der deutsch-argentinische Künstler Martin Mele macht aus Alltagsgegenständen raumbezogene Kunstobjekte. In der Alten Post beendet er mit einer Ausstellung ein Kunstprojekt, das ihn durch seine beiden Heimatländer führte.

 Martin Mele vor seiner Büchertür in der Alten Post.

Martin Mele vor seiner Büchertür in der Alten Post.

Foto: Andreas Woitschützke

Klaus Richter geht auf Nummer sicher. Der Kurator und Verantwortliche für den Bereich Bildende Kunst in der Alten Post räumt den Aktenkarton lieber zur Seite, bevor Martin Mele ihn sieht. "Bei ihm muss man aufpassen", erklärt Richter lachend, "sonst wird alles sofort zur Kunst." Und tatsächlich: Der in Argentinien geborene Künstler ist der vielleicht authentischste Vertreter der Beuys'schen Maxime, dass jeder Mensch ein Künstler und alles Kunst ist. Denn Martin Mele ist ein Sachensucher und Sammler mit einem Füllhorn von Ideen, wie Alltagsgegenstände zu Kunstobjekten werden.

"El Archivo en la Polilla/ Das Archiv im Wurm" heißt seine Ausstellung in der Alten Post, die zugleich die letzte Station eines Projektes ist, das den Künstler in zwei Etappen durch Argentinien und Deutschland führte. Dass Neuss nun den Endpunkt dieser langen Kunstreise bildet, "war von mir so gedacht, aber hat sich dann auch ergeben", sagt Mele. Und Richter ergänzt: "Glücklicherweise." Denn er wollte Mele gerne ausstellen, hatte aber nicht gewusst, an welchem Projekt er gerade arbeitet.

Dass es nun gerade die Alte Post ist, in der er seine Reise beendet, ist auch für den Künstler ein Glücksfall. Denn dort, wo man ihn kennt, (er hat lange Zeit im Neusser Atelier seiner Frau Celina Jure gearbeitet) schließt sich der Kreis seiner Reise, die ihn gewissermaßen von einer Heimat in die andere führte.

Und an jeder der acht Stationen seines Projektes hat Mele einen temporären Kunst-Raum entstehen lassen, der einerseits sein Unterwegssein dokumentiert, und andererseits von dem definiert wurde, was er dort vorfand. Mele ist ein Performer im besten Sinne, einer der vorführt, wie er aus einem schlichten Material ein raumbezogenes Objekt entsteht.

"Ich komme in einen Raum rein und versuche, etwas zu machen", sagt Mele, und in der Alten Post hat er zum Beispiel leere Zigarrenkisten (aus der "Rauchbar") zu einer Skulptur geschichtet; einen Türrahmen hat er komplett mit Büchern gefüllt, deren Titel jedoch nicht zu erkennen sind. Bis auf einen: "Alle Wunder", was wiederum zu Meles Kunst hervorragend passt und sich vermutlich auch zufällig-bewusst ergeben hat.

Dafür hat er den Keller eines Antiquars ausgeräumt und stellt damit auch den Hang zum Überwuchern, zur Überfüllung aus. Immerhin gibt er mit den Wanderstöcken in der Büchertür den Hinweis darauf, dass Literatur den Menschen auch führen kann. Und warum der Titel "Archiv im Wurm"? Weil, so erklärt Mele lächelnd, der Wurm sich durch Bücher frisst und sich damit ein Archiv gewissermaßen einverleibt.

(NGZ)
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