Stadtgeschichte als Netflix-Serie vorstellen Rom in Neuss – ein historisches Drehbuch

Neuss · Die Wurzeln von Neuss liegen in der Römer-Zeit. Das soll stärker betont werden. Man könnte sich das Thema sogar als Netflix-Serie vorstellen. Der Welterbe-Status gibt dabei Rückenwind.

 Rekonstruktion von Tavernen an der Via Preatoria des Neusser Legionslagers. Am Ende der Seitengasse ist das Portal des Tribunenhauses 54 zu sehen.

Rekonstruktion von Tavernen an der Via Preatoria des Neusser Legionslagers. Am Ende der Seitengasse ist das Portal des Tribunenhauses 54 zu sehen.

Foto: Clemens Sels Museum Neuss

Der Jubel weicht der Arbeit. Nachdem der Niedergermanische Limes in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes aufgenommen worden ist, geht es spätestens nach der Sommerpause mit den Fragen der Vermarktung los. Denn dass das Römer-Erbe in Neuss stärker betont werden soll, hatte Jürgen Sturm, Geschäftsführer von Neuss Marketing, bereits am Tag der Welterbe-Entscheidung betont. Und Rom in Neuss – das bietet ungemein viele Möglichkeiten. Allgegenwärtig sind die historischen Spuren durchaus, aber eben oft auch nicht auf den ersten Blick sicht- und damit erlebbar. Dabei gibt es so viele spannende Geschichten zu erzählen.

 Dieser „Legionär“ lässt die Römer-Zeit wieder lebendig werden und macht Lust auf eine Zeitreise.

Dieser „Legionär“ lässt die Römer-Zeit wieder lebendig werden und macht Lust auf eine Zeitreise.

Foto: Armin Fischer

Um sie jungen Menschen zu vermitteln, muss man sich die Römer-Erzählung in Neuss vielleicht einfach mal als Netflix-Serie vorstellen. Hauptfigur in Staffel 1 ist dabei aber zunächst gar kein Römer. Sie zeigt, wie der junge Constantin Koenen schon früh seine Begeisterung für Archäologie entdeckt und als Jugendlicher nach antiken Fundstücken sucht. Wie der Autodidakt, zunächst von gelehrten Kollegen nicht ernst genommen, sich nicht von seinem Weg abbringen lässt und schließlich das einstige römische Legionslager „Castrum Novaesium“ in Neuss entdeckt, weil er seiner Beobachtungsgabe, seinem Talent und seinem Gespür folgt.

 Diese Rekonstruktion zeigt einen Parthischen Reitersoldaten.

Diese Rekonstruktion zeigt einen Parthischen Reitersoldaten.

Foto: Clemens Sels Museum Neuss

Wie diese Ausgrabung im 19. Jahrhundert erfolgt und sein Name seither unmittelbar mit er römischen Geschichte in Neuss verschmolzen ist („Koenen-Lager“). Nachzulesen ist dies zum Beispiel im von Jens Metzdorf herausgegebenen Buch „150 Bürger. Die Bürgergesellschaft zu Neuss 1861-2011“.

 Fundort Neuss I: Das Waagegewicht zeigt eine Frau aus der Kaiser-Familie.

Fundort Neuss I: Das Waagegewicht zeigt eine Frau aus der Kaiser-Familie.

Foto: Clemens Sels Museum

Mit Constantin Koenens Leistung, dank seiner Ausgrabung und der Funde aus der Römer-Zeit formte sich ein Bild vom römischen Leben in Neuss und dem Rheinland, wie zum Beispiel Peter Stenmans im 1970 in zweiter Auflage erschienenen Buch „Neuss im Wandel der Zeiten“ hervorhebt. „Das Ergebnis der langen Grabungen war ein voller Erfolg: Novaesium bot zum ersten Male ein Bild von einem römischen Legionslager, von denen man bisher nur aus Beschreibungen antiker Militärschriftsteller eine Vorstellung hatte“, schreibt er.

 Fundort Neuss II: Diese Büste zeigt den Weingott Bacchus.

Fundort Neuss II: Diese Büste zeigt den Weingott Bacchus.

Foto: Clemens Sels Museum

Spinnt man die Geschichte einer Netflix-Serie weiter, beginnt an diesem Punkt Staffel 2 – als Rückblende. Es geht zurück in die Zeit von Kaiser Augustus (27 v. Chr. bis 14 n. Chr.), als das Rheinland militärisches Aufmarschgebiet der Römer war, in dem sie zahlreiche Legionslager errichteten. Und schon ist man mittendrin in der großen Geschichte.

 Auch dieser Terra-Sigillata-Teller wurde in Neuss gefunden.

Auch dieser Terra-Sigillata-Teller wurde in Neuss gefunden.

Foto: Clemens Sels Museum Neuss
 Das einstige Legionslager in Neuss im Maßstab 1:500.

Das einstige Legionslager in Neuss im Maßstab 1:500.

Foto: Clemens Sels Museum Neuss

Denn mit der Niederlage der Römer in der Varus-Schlacht (9 n. Chr.) – das Thema hat Netflix bereits in der Serie „Barbaren“, von der ab diesem Monat Staffel 2 gedreht wird, aufgegriffen – gingen die römischen Expansionsbestrebungen in eine andere Phase über: die Sicherung der Außengrenzen des Römischen Reichs. Und der Niedergermanische Limes, das Weltkulturerbe, war schließlich genau das: römische Außengrenze. Da er nicht aus befestigten Wallanlagen, sondern dem Rhein als „Flussgrenze“ folgte, wird er auch „Nasser Limes“ genannt.

Aber wer waren die Menschen, die in der römischen Garnison Novaesium lebten? Wo kamen sie her, wie lebten sie? Dieser Frage geht das Clemens-Sels-Museum in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Institut der Universität zu Köln aktuell in der Ausstellung „Inter Nationes“ nach. Ein Besuch lohnt. Sie würde eine Netflix-Serie zweifellos in der Detailgenauigkeit inspirieren.

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