Großeinsatz in Neuss Rockerstreit: Polizei fürchtete Rachefeldzug

Neuss · Mit einem massiven Aufgebot verhinderte die Neusser Polizei offenbar einen Rachefeldzug einer Rockergruppe nach einer Messerattacke auf eines ihrer Mitglieder. Sie sperrte dafür die Innenstadt. Es gab mehrere Festnahmen, Waffen und Drogen wurden gefunden.

Großeinsatz: Rocker-Prügelei in Neuss
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Um einen möglichen Rachefeldzug zu verhindern, ist die Neusser Polizei in der Nacht zu Montag mit einem Großaufgebot gegen eine Gruppe von Männern vorgegangen, die möglicherweise in Verbindung zur Rockerszene stehen. Sechs Tatverdächtige wurden festgenommen, bei ihnen wurden eine Schusswaffe, ein Schlagring und Drogen gefunden. Sieben weitere wurden vorsorglich in Polizeigewahrsam genommen. "Alle sind der Kriminalpolizei im Zusammenhang mit Straftaten wie Gewalt-, Diebstahl- und Drogendelikten bekannt", erklärte ein Polizeisprecher, der Platzverweise gegen 30 weitere Männer bestätigte.

Schlägerei mit Messer

Auslöser für den Polizeieinsatz in Neuss war eine Schlägerei in einer Imbissstube in Nähe des Hauptbahnhofs. Dort geriet der Hauptverdächtige, ein 26-jähriger Neusser, der mit seiner Freundin unterwegs war, mit drei Unbekannten in Streit. Er wurde im Verlauf der Auseinandersetzung mit einem Messer bedroht. Als die alarmierte Polizei eintraf, waren die Streithähne schon verschwunden. Der 26-Jährige war eine Stunde später wieder da, jetzt allerdings in Begleitung von sechs Männern, die ebenfalls aus dem Umfeld einer Rockerbande stammen könnten.

"Sie nötigten einen Imbissmitarbeiter zu sagen, wer die drei waren", erläuterte der Polizeisprecher den Hintergrund der zweiten Schlägerei. Es kam zu ersten Festnahmen der bereitstehenden Polizei. Weil den Beamten zudem eine Gruppe von 30 weiteren Männern auffiel, die offensichtlich der gleichen Szene zuzuordnen waren und sich in Bahnhofsnähe aufhielten, lösten sie einen Großeinsatz aus.

Die Taktik massiver Polizeipräsenz erinnert an den Polizeieinsatz in Mülheim vor gut einer Woche. Rund 1000 Polizisten wurden bei einer Großrazzia aufgeboten, die ein Aufeinandertreffen der verfeindeten Rocker-Banden Hells Angels und Bandidos verhindern konnten. Im Neusser Fall geht die Polizei derzeit nicht von einem Rockerkrieg um Macht und Reviere, sondern einem privaten Hintergrund aus. Für eine Verbindung der Tatverdächtigen ins Rockermilieu gebe es nur "vage Anhaltspunkte", so der Sprecher. Ein Indiz: Der Hauptverdächtige trug ein T-Shirt der Hells Angels.

In Neuss blieb es bislang ruhig

Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Rockern fordern die Polizei schon seit Jahren heraus. Verbote einzelner Chapter, wie die örtlichen Clubs heißen, durch den Landesinnenminister waren eine Reaktion darauf. Doch während in Städten wie Mönchengladbach oder zuletzt in Duisburg ein regelrechter Rockerkrieg tobte, blieb es in Neuss ruhig.

Die Stadt gilt als Hoheitsgebiet der Free Eagles, die auch von der Polizei mit keinerlei illegalen Geschäften in Verbindung gebracht werden. Dass die Free Eagles ihre Freiheit einem gewissen Wohlverhalten verdanken, gab der damalige Chapter-Präsident Gert Zielke schon im Vorjahr zu. Es gebe keine schriftliche Vereinbarung, aber persönliche Kontakte zur Sektion Düsseldorf der Hells Angels. Rocker-Chef Zielke sagte: "Wir werden toleriert." Mehr wolle man mit den anderen Clubs nicht zu tun haben.

(RP/top/csi/url)
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