Neuss RLT-Podiumsdiskussion liefert Gesprächsstoff

Neuss · Über "Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Religionen" diskutieren drei Fachleute in der RLT-Reihe "Was glaubst du denn?"

 Sie diskutierten: (v.l. ) Bodo Beuscher, Hoda Salah, Birgitt Schippers und Werner Höbsch.

Sie diskutierten: (v.l. ) Bodo Beuscher, Hoda Salah, Birgitt Schippers und Werner Höbsch.

Foto: Woi

Es war der wohl emotionalste Moment des ganzen Abends. Und nur wenige bekamen ihn mit. Nach der Diskussionsrunde zum Thema "Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Religionen" im Foyer des RLT ging die 13-jährige Gonca auf die Ägypterin Hoda Salah, Politikwissenschaftlerin und Publizistin, zu und bat um ein kurzes Gespräch. Über Schuld, Sühne und vor allem Schuldgefühle wollte das muslimische Mädchen mit der Expertin zum Thema islamische Feministinnen sprechen.

Gonca lebt in der Raphaelsschule in Dormagen. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Tanja Halberstadt und Mitschülerin Michelle war sie bereits zur Auftaktveranstaltung der insgesamt dreiteiligen Gesprächsreihe zum interreligiösen Dialog unter dem Motto "Was glaubst du denn?" vor knapp vier Wochen gekommen. Am vergangenen Mittwochabend war Gonca vermutlich die einzige Zuhörerin muslimischen Glaubens. Zumindest die einzige, die sich als solche zu erkennen gab. Gebannt hatte sie zuvor gemeinsam mit rund 40 anderen Zuhörern die eigentliche Podiumsveranstaltung verfolgt.

Teilnehmer waren der evangelische Pfarrer Bodo Beuscher, der Referatsleiter am Erzbistum Köln, Werner Höbsch, und die Deutsch-Ägypterin Hoda Salah. Es sollte keine Diskussion werden, in der man sich in theologischen Fallstricken verheddere, kündigte Moderatorin Birgitt Schippers bereits zu Beginn an. Wurde es auch nicht. Der zweite Teil der Gesprächsreihe "Was glaubst du denn?" hatte eher aufklärenden Charakter.

Breiten Raum nahm die Debatte zum Thema Trennung von Staat und Kirche ein. Bodo Beuscher, Pfarrer der Evanglischen Kirchengemeinde Kelzenberg im Rhein-Kreis, hat dazu eine klare Meinung: "Eine enge Verbindung von Staat und Kirche halte ich für fatal." Der Staat solle jedem Einzelnen die Möglichkeit bieten, seinen Glauben zu leben. "Aber ein Back-up des Staates braucht das Christentum nicht", so Beuscher, der in Heidelberg, Hermannsburg und Bonn Theologie studiert hat, und sich mit seiner Frau die Pfarrei in Kelzenberg teilt.

Für unumkehrbar hält auch Werner Höbsch, Referatsleiter am Erzbistum Köln und Spezialist für interreligiösen Dialog und Theologie der Religionen, die Trennung von Staat und Kirche. "Rückwärts gewandten Träumen muss Einhalt geboten werden", so der Katholik. Der Staat solle die notwendigen Freiräume für Religionen bieten, "aber kein konkretes Bekenntnis fördern". Mit manch' falschen Vorstellungen zum Islam räumt Hoda Salah auf: "Es gibt nicht den Islam. Es gibt Islams." Die meisten Verfassungen islamischer Staaten mit Ausnahme von Pakistan, Saudi-Arabien und Afghanistan, seien säkular, so die Politikwissenschaftlerin. Grundsätzlich gelte in diesen Staaten, dass alle Bürger gleichberechtigt seien, egal ob Mann oder Frau, egal welche Ethnie oder Religion. Da aber im Islam die Familie regiere, bestehe der Unterschied zwischen öffentlichem und privatem Leben. "Auf der Straße bin ich gleichberechtigt, zu Hause dem Mann untergeordnet", erklärt sie. Widersprüchlich sei auch manche Interpretation des Korans. "Es gibt wunderbare Texte über Frauenrechte", so Salah. Aufmerksamkeit erführen jedoch nur die Stellen, in denen die Frau dem Mann Untertan zu sein habe.

Bei der Diskussion im RLT-Foyer, in der es um Parallelen und Unterschiede, Machtansprüche und Frauenrechte, Wurzeln und Einflussnahme der Weltreligionen ging, hätte man sich mehr Andersgläubige auch im Publikum gewünscht. Dies bedauert auch RLT-Intendantin Bettina Jahnke. Flyer und Einladungen seien reichlich verschickt worden. Denn die Gesprächsreihe ist extra so angelegt, dass nach dem eigentlichen Podiumsgespräch noch die Möglichkeit zum geselligen Beisammensein bei Buffet und Musik besteht. Oft ergibt sich erst dann ein viel persönlicherer, interreligiöser Dialog. So wie zwischen Gonca und Hoda Salah,

(NGZ/rl)
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