RLT Neuss Mit Liedern Geschichten erzählen

Neuss · „In deinen Schuhe stehen“ hat RLT-Schauspielerin Laila Richter einen Abend betitelt, den sie gemeinsam mit ihrem Vater Bo Heart und Gitarrist Mirko Michalzik im Foyer gezeigt hat. Als Auftakt für den „Kleinen Theatersommer“.

 Abstand auf der Bühne war auch die Prämisse für die Künstler: Bo Heart mit „Spukschutz“ auf dem Klavier, Mirko Michalzik mit Gitarre auf dem Hocker und Laila Richter am Mikro (v.l.).

Abstand auf der Bühne war auch die Prämisse für die Künstler: Bo Heart mit „Spukschutz“ auf dem Klavier, Mirko Michalzik mit Gitarre auf dem Hocker und Laila Richter am Mikro (v.l.).

Foto: Frank-Uwe Orbons

Leises Gemurmel verrät: Die meisten Zuschauer sitzen schon. Ein bisschen verloren wirken die rund 50, die im Foyer des RLT verteilt überwiegend an Zweiertischen sitzen und auf die Künstler warten, die gleich die kleine Bühne betreten werden. Alles ist anderes an diesem Abend im RLT, dem ersten in der Corona-Zeit. Genau eingezeichnete Wege, überall Personal in gelben Warnwesten, das freundlich, aber bestimmt auf eben diesen Weg hinweist. Keine Getränke auf den Tischen, nur eine kleine Vase mit künstlichen Blumen, die Theke ist zu. Vielleicht, so sagt es die neue Verwaltungschefin und Nachfolgerin von Dirk Godensen, Tanja Krischer, ändert sich das ja noch. Sie begrüßt die Gäste im Namen der Intendantin Caroline Stolz, die wegen ihres fiebernden Kleinkindes zu Hause bleiben musste, und auch Stolz-Stellvertreterin Eva Veiders ist da. Nicht nur diese beiden sind froh, das überhaupt etwas geht in ihrem Theater.

„Kleiner Theatersommer“ hat die RLT-Leitung ein Programm genannt, das an diesem Abend seinen Auftakt erlebt. Finanziell mit Sicherheit wenig ergiebig, dafür aber mit dem deutlichen Signal: Es gibt die Bühne noch. „In deinen Schuhen stehen“ ist der Titel eines Programms mit viel Musik, das RLT-Schauspielerin Laila Richter zusammen mit ihrem Vater, dem Profi-Musiker Bo Heart, sowie dem Gitarristen und Sänger Mirko Michalzik ausgearbeitet hat. Eine Mischung aus persönlichem Erleben und Allgemeinheiten, wobei sich manches aneinanderreiht, ohne dass es sich wirklich fügt.

Laila Richter und ihr Vater graben dabei in der eigenen Geschichte. Erzählen und singen von sich selbst, von den Fragen, die sie dem Vater von Bo Heart, der Großvater von Laila war, nie gestellt haben, und von den eigenen Antworten darauf. Das alles ist umgeben von Songs, die mitunter bekannt sind („With a Little Help from my Friends“, „N’obliez jamais“ von Joe Cocker oder „Rien de Rien“ von Edith Piaf), bekannt vorkommen („Was wäre, wenn Gott dein Nachbar wär“ auf „One of us“), an jemanden erinnern wie das Vater-Tochter-Lied an Hearts Kollegen Klaus Lage oder auch sehr persönlich (um)geschrieben sind („Deine Liebe ist hier“). Manchmal dreistimmig, manchmal auch als Solo gesungen sind die Songs nicht einfach nur Teil der Handlung, sondern stehen für sich, erzählen eine eigene Geschichte oder bereiten vor.

Dass Richter richtig singen kann, hat sie nicht nur als „Shockheaded Peter“ bewiesen. Klein und zierlich ist sie, aber mit einer klaren und  guten Stimme, die sich auch ohne Mikro durchsetzen kann. Sie ist halt die Tochter eines Musikers, hat mit ihm zusammen eine Songlist aufgestellt, die ein bisschen von allen Gefühlen spiegelt: Mal ist es Trotz, mal Melancholie, mal Wut, mal leichter Sinn, mal Heiterkeit. „Ein bisschen Blues, ein bisschen Folk, ein bisschen Chanson“, wie es im Programm zu Recht heißt.

Was echt ist und was nicht, spielt zwar keine Rolle. Allerdings ist manches auch aufgesetzt, etwa Laila Richters Auftritt als betrunkene Göre, der die Worte verloren gehen, oder Fragen an den Vater, die aus dem Nichts auftauchen: „Was ist für dich Familie?“ Vermutlich wäre der intimere Rahmen des Theatercafés Diva, für das der Abend (der am Sonntag wiederholt wurde) ursprünglich konzipiert wurde, doch besser als das große RLT-Foyer.

Aber in Corona-Zeiten ist alles anders, und allein deswegen ist es schön, mal wieder ins Theater gehen zu können. Zumal der Abend vor allem in musikalischer Hinsicht sehr überzeugend war.

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