Neuss Rheinwerk-Chef arbeitet jetzt in Katar

Neuss · Bernhard Eich leitete das Rheinwerk in Norf. Jetzt hat der Alu-Manager eine neue Aufgabe in Katar am Golf gefunden.

Das ATP-Tennisturnier läuft, Schalke 04 hat sein Winter-Trainingslager am Dienstag bezogen, die Bayern kommen heute, die Handball-WM beginnt in einer Woche, und 2022 soll dort gar der neue Fußball-Weltmeister ausgespielt werden. Wer Sport mag, für den kommt in Katar keine Langeweile auf. Bernhard Eich mag Sport, aber auch ansonsten sei das Leben in dem kleinen Wüstenemirat - nur halb so groß wie Hessen - auf der arabischen Halbinsel spannend. Er bekennt: "In den kommenden Jahren werde ich wohl nicht mehr an Weihnachten nach Hause fliegen."

Das Zuhause von Eich und seiner Frau Susanne (48) ist Neuss; dort steht ihr Haus. Viele Jahre leitete Eich das Rheinwerk in Norf, ehe er Ende 2013 die Aluminium-Hütte verlassen musste. Als sich ihm im Alter von 58 Jahren wenig später eine neue berufliche Herausforderung bot, wagte er den Sprung in eine globale Arbeitswelt, die für ihn einen Job in der Wüste bereit hielt. Seit August 2014 arbeitet und lebt Eich in Katar, wo die weltweit größte Aluminium-Hütte gebaut wurde.

Eich gehört dort als "Carbon Group Manager" mit Verantwortung für 250 Mitarbeiter zum engsten Führungsteam von Qatalum - hinter dem Joint Venture stehen mit jeweils 50 Prozent der staatliche Erdöl- und Erdgasproduzent Qatar Petroleum und - wie bei Eichs Arbeitgeber in Norf - die Norsk Hydro.

Die Belegschaft bei Qatalum ist multikulti; Gastarbeiter aus 35 Ländern verdienen dort ihr Geld. Die Aluminium-Industrie verbraucht unglaublich viel Energie. Daher ist die Golfregion ein begehrter Standort, denn dort spielen Energiekosten eine untergeordnete Rolle. Dafür sind die Personalkosten im Vergleich zu Deutschland vier Mal so hoch. "Ganze Familien vor allem aus Asien und Afrika müssen mobilisiert werden", berichtet Eich. "Das sind Fachleute aus ehemaligen Aluminium-Hütten. Längerer Heimaturlaub muss gewährt werden, Schulgeld für die Kinder, Wohnung, Auto, medizinische Versorgung muss organisiert werden." Eich hat sich in seinem neuen Leben eingerichtet; zumal seine Frau ihm mit dem Jahreswechsel nach Katar gefolgt ist: "Jetzt, wenn es in Europa ungemütlich wird, kommen alle westlichen Frauen zu ihren Männern." Wolkenloser Himmel, erträgliche 30 Grad am Mittag, 20 Grad am Abend, auf der Terrasse sitzen, im warmen Meerwasser baden.

Doch Susanne Eich wird auch im Sommer bleiben, wenn das Wetter anstrengend ist. Sie kennt das. Temperaturen über 40 Grad bei einer Luftfeuchtigkeit von bis zu 100 Prozent: "Das sind auf der Haut gefühlte 50 Grad." Die 48-Jährige hat ihren Job in Deutschland gekündigt. Sie richtet jetzt das neue Haus in Katar ein, knüpft Kontakte zu anderen deutschen und internationalen Gastarbeitern. Wenn die Eingewöhnungszeit vorüber ist, will sie wieder arbeiten - zumindest halbtags.

Angst vor Langeweile haben die Eichs nicht. Der Sport sorgt für Abwechslung. Karten für die Deutschland-Spiele während der Handball-WM haben sie - und erwarten viel Besuch: "Wir müssen koordinieren, wer wann zu welchem Ereignis nach Katar kommt." Luxus-Probleme.

(NGZ)
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