Gedenken an Opfer des Holocaust im Rhein-Kreis Neuss #WeRemember – Erinnerung tut not

Meinung | Rhein-Kreis · #WeRemember – die Kampagne des Jüdischen Weltkongresses zum Gedenken an die Opfer des Holocaust zur Mahnung vor Antisemitismus und Rassismus stößt auch im Rhein-Kreis auf große Resonanz. Aktionen gibt es digital und ganz lokal – und das ist wichtiger denn je.

 Schüler aus Grevenbroich erinnern an die Opfer des Holocaust.

Schüler aus Grevenbroich erinnern an die Opfer des Holocaust.

Foto: Wiljo Piel/wilp

Am Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust und des Nationalsozialismus, haben auch viele Menschen im Rhein-Kreis Flagge gezeigt. Sie fotografierten sich mit dem Hashtag #WeRemember und beteiligten sich so an einer Kampagne des Jüdischen Weltkongresses gegen Antisemitismus, Völkermord, Hass und Fremdenfeindlichkeit.

Die Kampagne läuft inzwischen im sechsten Jahr und hat ihren Schwerpunkt nicht ohne Grund in den sozialen Medien. #WeRemember soll gerade dort sichtbar werden, dort ein Gegengewicht setzen, wo immer wieder gefährliche Falschinformationen und Verschwörungsmythen verbreitet werden, wo Rassismus und Holocaustleugnung und Antisemitismus – in der Zeit der Corona-Pandemie noch verstärkt – Platz finden. Das Signal war deutlich und beschränkte sich auch nicht nur auf Facebook & Co. Und genau das macht Hoffnung, auch wenn nach einer Studie von infratest dimap fast 40 Prozent der Deutschen dafür sind, einen Schlussstrich unter die Zeit des Nationalsozialismus zu ziehen, die Zahl der antisemitischen Vorfälle seit Jahren steigt und ein Viertel der Deutschen mit dem Begriff Holocaust nichts anzufangen weiß. Dagegen gehen gerade Jugendliche engagiert an, das zeigt die Aktivität in den Schulen auch im Rhein-Kreis. Beispiele sind die Auschwitz-Ausstellung der Gesamtschule an der Erft im Kulturforum Alte Post in Neuss, eine Gedenkveranstaltung mit Wort- und Filmbeiträgen der Realschüler in Kleinenbroich oder das Vorhaben der Geschichtskurse des Grevenbroicher Erasmus-Gymnasiums, die mit einem Denkmal auf dem Schulhof an den im Dezember verstorbenen Fred Stern erinnern wollen, einen ehemaligen Schüler, der mit seiner Familie vor den Nationalsozialisten flüchtete und in die USA emigrierte. Erinnerung bewahren, nicht nur über Geschichtsbücher, sondern ganz konkret über die Beschäftigung mit den Opfern in der eigenen Stadt, dem eigenen Umfeld, das schafft nicht nur Betroffenheit, das motiviert und aktiviert auch dazu, das Gelernte, Erfahrene weiterzutragen, an Freunde, Mitschüler, Verwandte. Das wird umso wichtiger, weil es immer weniger Zeitzeugen gibt, die selbst berichten können. Außerdem besteht zumindest die Chance, das Thema auch an Menschen heranzutragen, die es bislang nicht erreicht hat oder die sich damit bislang nicht beschäftigen wollten. In Neuss und – mit Ausnahme von Kaarst – allen Kommunen des Rhein-Kreises erinnern auch die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig an Menschen, die im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden. Institutionen wie zum Beispiel das Stadtarchiv Neuss unterstützen die Aktion und dokumentieren – online leicht abzurufen – die Standorte der Steine und die damit verbundenen Schicksale. Seit Kurzem führt auch eine neue App des Westdeutschen Rundfunks zu den Stolpersteinen und ermöglicht Spaziergänge der Erinnerung vor der eigenen Haustür. Spaziergänge, die sich lohnen. Vielleicht am Wochenende?

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