Neuss Rektorin will mehr Praxis an der Heine-Uni

Neuss · Anja Steinbeck diskutierte auf Gut Gnadental mit führenden Köpfen aus der Wirtschaft.

 Beim Gnadentaler Unternehmertisch (v.l.): Uni-Rektorin Anja Steinbeck, Michael Bröcker, Chefredakteur unserer Zeitung, und Gastgeberin Jutta Zülow.

Beim Gnadentaler Unternehmertisch (v.l.): Uni-Rektorin Anja Steinbeck, Michael Bröcker, Chefredakteur unserer Zeitung, und Gastgeberin Jutta Zülow.

Foto: lber

Die Universität Düsseldorf wird sich künftig in einzelnen Studiengängen mehr als bisher der praktischen Ausbildung zuwenden. "Man muss mit der Wirtschaft sprechen, fragen, welche Berufsbilder man braucht und dann überlegen, wie wir das in die Universität integrieren können", sagte Professor Anja Steinbeck, neue Rektorin der Heinrich-Heine-Universität, gestern Abend beim Gnadentaler Unternehmertisch (GUT).

Man werde nicht alle Studienfächer auf den Kopf stellen, aber einzelne Studiengänge neu aufstellen, sagte die Rektorin, die gut 120 Tage im Amt ist, im Gespräch mit Michael Bröcker, Chefredakteur unserer Zeitung. "Die Studierenden wollen eine sehr starke Praxis-Orientierung", sagte Steinbeck. "Sie fragen sich immer: Brauche ich das für mein Berufsleben?"

Mehr als 150 hochkarätige Gäste - Unternehmer, Hochschullehrer, Führungskräfte aus der Wirtschaft - diskutierten auf Einladung der Unternehmerin Jutta Zülow zum Thema "Ausbildung oder Studium - Müssen wirklich alle studieren?". Rektorin Steinbeck warnte: "Wir haben nicht zu viele Studierende. Der Akademiker-Wahn ist eine Wahnvorstellung." Das Profil der Uni Düssseldorf will sie stärken als eine Hochschule, die besonders Ausgründungen fördert. Zudem könne sie sich bei der Hochschulfinanzierung auch erneut Studiengebühren vorstellen. "Ein akzeptables Modell wären nachgelagerte Studiengebühren. Man darf den Weg nicht zumachen für bildungsferne Schichten." Dies sei überdies die Folge, wenn man versuche, die Zahl der Studierenden zu reduzieren und den Zugang zu begrenzen. Wer studieren möchte, solle sich im ersten Semester auch noch nicht zwingend festlegen, sondern ein Orientierungssemester absolvieren können.

Die Gäste auf Gut Gnadental diskutierten lebhaft, ob darunter die duale Berufsausbildung und damit die Wirtschaft leidet. "Ich brauche einen Architekten, der das Haus malt. Und hundert Handwerker, die es bauen. Diese Leute brauchen wir, sonst verlieren wir als Wirtschaftsstandort", sagte Gastgeberin Zülow. "Man sollte Wissenschaft nicht dazu missbrauchen, Praxiswissen zu vermitteln." Das Geld setze auch falsche Anreize. "Bei mir verdient mancher Meister mehr als ein Ingenieur", sagte Zülow. Dieter Porschen, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, warnte: "Über 50 Prozent eines Jahrgangs studieren. Wir haben ein Qualitätsproblem und eine Inflationierung der guten Noten." Professor Hans-Hennig von Grünberg, Präsident der Hochschule Niederrhein, verteidigte indes die immer stärker werdende Praxisorientierung durch duale und mittlerweile auch triale Studiengänge. Der Arbeitsmarkt schlucke diese Absolventen gerne. Rektorin Steinbeck erwartet auch deshalb: "Es wird immer stärker zu dualen Studiengängen kommen."

(NGZ)
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