Neue Literatur zur Geschichte von Neuss Reformationsversuch löste Unruhen aus

Neue Literatur zur Geschichte von Neuss · In letzter Zeit sind einige interessante Bücher erschienen, die sich mit Neuss befassen und zum Teil neue Erkenntnisse zur Geschichte von Neuss bringen, dabei die Zeit der Konfessionalisierung, in der sich die verschiedenen Konfessionen allmählich herausbildeten, in jüngster Vergangenheit das besondere Interesse der Geschichtsschreibung. Einige Arbeiten seien an dieser Stelle vorgestellt.

Die Reformation hatte im Kurfürstentum Köln zunächst keinen Anklang gefunden, vielmehr galten die Stadt Köln, die Universität und auch der Erzbischof Hermann von Wied (1515 bis 1546) als feste Säulen der römisch katholischen Kirche. In den vierziger Jahren unternahm derselbe Erzbischof Hermann von Wied auf Grund persönlicher Religiösität, aus dem allgemeinen Interesse an einer Kirchenreform und unter dem Einfluss der Reformatoren Bucer und Melanchthon einen eigenen Reformationsversuch. Im Zuge dieses Reformationsversuches kam es auch in Neuss und anderen Landstädten zu Unruhen, bei denen religiöse, politische und soziale Motive eine Rolle spielten, ohne dass klar auszumachen war, welches der verschiedenen Motive als primär anzusehen ist.

Mit Stephan Laux: Reformationsversuche in Kurköln (1542 - 1548), Münster 2001 ist nun ein Buch erschienen, das Fallstudien zu einer Strukturgeschichte landstädtischer Reformation in Neuss, Kempen, Andernach und Linz bringt. Der Reformationsversuch des Kölner Kurfürsten und Erzbischofs Hermann von Wied (1515 bis 1546) zielte darauf ab, die Reformation in den rheinischen Herrschaftsgebieten zu verankern. Die Studie zeigt im Vergleich die in den Quellen greifbaren Reaktionen auf die Reformation Hermanns von Wied vor dem Hintergrund der spätmittelalterlichen Gesellschafts- und Kirchenverfassung.

Einen generellen Überblick über die kirchliche Situation im Rheinland hatte 1996 eine Ausstellung in der Düsseldorfer Universitäts- und Landesbibliothek vermittelt. Dazu erschien ein Begleitheft: Heinz Finger: Reformation und Katholische Reform im Rheinland, Begleitheft zur Ausstellung der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf zum 500. Geburtstag Konrad Heresbachs und zum 500. Todestag von Martin Luther, Düsseldorf 1996.

Darin wird deutlich, dass im Rheinland des 16. Jahrhunderts die religiösen Fragen eine besondere Rolle spielten, die verschiedene Kirchenreformbewegungen hervorbrachten in den Territorien von Kleve-Jülich-Berg, aber auch in Kurköln. So fand auch in Neuss 1535/36 ein Konsensgespräch über diese unterschiedlichen Reformansätze statt. Auf Seiten der Kölner Kirche war der führende Theologe Johannes Gropper, der auf einem Provinzialkonzil 1536 grundlegende Beschlüsse für eine Kölner Reform durchgesetzt hatte, die aber in der Praxis keine Auswirkungen nach sich zogen.

Nach dem Scheitern des Reformationsversuches von Erzbischof Hermann von Wied bemühte sich Gropper, der auch noch die Kardinalswürde erhielt, um die Durchsetzung der tridentinischen Reform. Seinem Bemühen war 2003 eine Ausstellung der Kölner Diözesan- und Dombibliothek gewidmet, deren Begleitheft ebenfalls aus der Feder von Heinz Finger stammt. Dieser ist Leiter der Diözesan- und Dombibliothek und lebt in Neuss. Heinz Finger: Kardinal Johannes Gropper, Ausstellung der Diözesan- und Dombibliothek Köln zum 500. Geburtstag Groppers, Köln 2003, Libelli Rhenani 4.

Vom selben Autor ist soeben ein weiterer Aufsatz zu diesem Themenkomplex erschienen: Heinz Finger: Das Provinzialkonzil von 1536 in Köln und die Weltkirche - Johannes Gropper zwischen Kölnischer und tridentinischer Reform, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, 2003, S. 7 bis 49.

Schließlich sei noch hingewiesen auf Bernd Rill: Kaiser Matthias - Bruderzwist und Glaubenskampf, Graz 1999. Dieser etwas unbekannte habsburgische Kaiser Matthias (1612 bis 1619) ist beim "Bruderzwist im Hause Habsburg" der Gegenspieler Kaiser Rudolfs II. und hat durch seine Politik auch zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges beigetragen. Für Neuss ist dieser Kaiser wichtig, da er mit Urkunde vom 4. Oktober 1615 der Stadt Neuss ihre alten verbrieften Rechte und Freiheiten bestätigte und die landesherrlichen Ansprüche des Kölner Kurfürsten Ferdinand zurückgewiesen hat.

(NGZ)
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