Neuss "Rathauskantine" im TaS liefert bissige Seitenhiebe auf die Politik

Neuss · Schrullig ist jeder auf seine Art. Der sprachpenible und dauergestresste Archivar Alfred Sülheim, Hausmeister Jupp Schwaderath, der herzlich und äußerst eigensinnig vor allem über eigene Witze lacht oder die stil- und machtbewusste Controllerin Simone Strack verkörpern gelungen die verschiedenen Stereotypen des Arbeits- und Büroalltags.

 Sorgten für gute Stimmung in der "Rathauskantine": Jens Spörckmann (v.l.), Stefanie Otten, Dennis Prang und Nicoals Evertsbusch.

Sorgten für gute Stimmung in der "Rathauskantine": Jens Spörckmann (v.l.), Stefanie Otten, Dennis Prang und Nicoals Evertsbusch.

Foto: Holger Girbig

Die Darsteller Jens Spörckmann, Dennis Prang und Stefanie Otten haben die Eigenarten ihrer Figuren tief in sich aufgenommen und spielen sie mit großer Komik und Sprachwitz. Es gibt gleich mehrere roten Fäden, die sich durch die Handlung der siebten Ausgabe der Rathauskantine unter Regie von Markus Andrea ziehen.

Archivar Sülheim ist zurzeit besonders angespannt, erwartet er doch in seiner Funktion als möglicher Telefonjoker jeden Moment den entscheidenden Anruf von Günter Jauch. Auch Controllerin Strack ist nicht im Vollbesitz ihrer sonst so zielgerichteten Geisteskraft, sie wird von extremen Niesattacken gequält. Dennoch ziehen die drei in gewohnt fachmännischer Manier das kleine und das große Weltgeschehen munter durch den Kakao. So lässt Dennis Prang, der während des Stücks auch in andere Rollen schlüpft, einen Möbelpacker über das viel diskutierte Hoeneß- Gerichtsurteil philosophieren. "Ich habe mal ausgerechnet, wie lange ich vergleichsweise in den Knast müsste, wenn ich alle meine Kohle hinterziehen würde: sechs Stunden."

Die lautesten Lacher ernten die drei Herrscher der Rathauskantine aber dann, wenn sie lokalpolitische Entscheidungen mit diebischer Freude aufs Korn nehmen. Die Klage der Stadt Düsseldorf wegen des Möbelhauses, die Errichtung eines Demenzkompetenzzentrums ("Vergessen, aber richtig")oder die neue Hafenpromenade sind Ziele der bissigen Verbalangriffe. "Die Promenade?", fragt Sülheim, "Sie meinen diesen missglückten Versuch, auf 35 Metern die Düsseldorfer Hafenpromenade zu imitieren?"

Der obligatorische Gast unterstützt die Rathausmitarbeiter dieses Mal vor allen Dingen musikalisch. Der Kölner Liedermacher Nicolas Evertzbusch machte sich am Klavier Gedanken über morgendliche Übellaunigkeit, Shopping als Psychotherapie oder wohlmeinende Mütter, die ihre Söhne an den Rand der Verzweiflung bringen.

(suzo)
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