Neuss Prinzenpaar: "Karneval von der Pieke auf"

Neuss · Im Interview beim Talk auf dem blauen NGZ-Sofa erzählten Anja I. und Frank I., wie sie als Prinzenpaar zueinander gefunden haben, sprachen darüber, ob man Bühnenpräsenz trainieren kann und über volle Terminkalender.

Frau Hirschberg, wie lange hegen Sie schon den Wunsch, Novesia zu werden?

Anja I. Als Kind bin ich sicher auch schon mal als Prinzessin im Karneval verkleidet gewesen, aber den Gedanken, Kinderprinzessin oder Novesia zu werden, hatte ich bis vor etwa 15 Jahren überhaupt nicht.

Da muss ja etwas passiert sein.

Anja I. Ja, da ist was passiert. Wir haben lange als Freundeskreis gefeiert, vom Karnevalsausschuss und was der macht, wusste ich wenig. Damals waren wir zu einem Geburtstag eingeladen. Ein 27. Und der Mann hat seiner Frau versprochen, dass sie bis 30 einmal Novesia in Neuss sein wird. Bei ihr hat das zwar länger gedauert - mir ging zum ersten Mal durch den Kopf: Das möchte ich auch mal.

Sie sind nicht miteinander verheiratet. Wo bekommt man als Novesia seinen Prinzen her?

Frank I. Da gibt es ein kleines Geheimnis, eine schöne Geschichte. Die könnte man fast aufschreiben. Also: Anja und ihr Mann Detlef sind unsere Trauzeugen. Sie haben uns eine wundervolle Heirat gezaubert, und meine Frau sagte: Wir müssen uns bedanken. Was hältst du davon, wenn du der Prinz von der Anja wirst? Wir haben Detlef eingebunden, uns informiert – und eines schönen Samstagnachmittag vor laufender Kamera Anja damit überrascht. Sie saß auf einem Ohrensessel-Thron und durfte wählen: zwischen einem gemalten Prinzen, einem gebackenen – und mir.

Anja I. Und das mit einem wunderschönen Gedicht. da liefen schon die Tränen. Damit hat er mir einen Riesenwunsch erfüllt.

Was fasziniert Sie am Karneval?

Anja I. Vielleicht, dass wir als Karnevalisten auch als Frau im Zug mitgehen dürfen. Und das mit der ganzen Familie.

Sie haben beide bei der Fußgruppe "Die Jecke us alle Ecke" angefangen.

Anja I. Ja, das ist Karneval von der Pieke auf, ohne Satzung und mit einem Präsidenten, der eigentlich nie richtig gewählt wurde. Wir sind ein Freundeskreis, der sich irgendwann mal einheitlich kostümiert hat, bis wir dann 1999 erstmals Kappessonntag mitgezogen sind.

Frank I. Inzwischen sind wir auch passive Mitglieder bei der Stadt- und Prinzengarde – und offiziell deren Prinzenpaar.

Wie bereitet man sich auf die Session vor?

Anja I. Auf vieles gar nicht. Wir haben so viel Neuss kennengelernt, was man als Mitglied einer Fußgruppe so nie erfährt. Dabei bin ich ein Mensch, der sehr weit vorplant. Mein Ornat habe ich seit Juni.

Welche Erwartungen hatten Sie an Ihr Amt?

Anja I. Gar keine, deswegen musste ich auch nichts korrigieren. Ich mache es aus Spaß an der Freude, um den Menschen Freude zu bereiten. will das Drumherum erleben – und den Kappessonntagszug in ganzer Länge erleben. Das konnte ich 13 Jahre nicht. Aschermittwoch aber werde ich in ein großes, schwarzes Loch fallen.

Ist das Prinzenpaar ein Opfer?

Frank I. Nein, ich spreche immer von Prinzengabe. Das ist kein Traum – weil man so etwas nicht träumen kann. Das muss man erleben. Was einem da an Sympathieund Offenheit entgegenschlägt, gerade von älteren Menschen oder solchen mit Handicap: Die freuen sich einfach, wenn wir da sind. Ich muss nur daran denken, dann bekomme ich Gänsehaut.

Prinzen haben bestimmte Pflichten, ziehen mit großem Tross umher. Inwieweit ist man als Prinz fremdbestimmt?

Frank I. Überhaupt nicht. Wir haben einen Terminkalender, ein Team im Rücken, damit alles klappt. Da steckt eine enorme Logistik dahinter. Aber fremdbestimmt? Nein. Es gibt Gesellschaften, die zittern ein wenig vor uns, weil wir ihren Sitzungspräsidenten Überraschungen beschert haben. Schöne, natürlich. Wenn der Vorsitzende und der Sitzungspräsident der Blauen Funken auf der Bühne zu "Modern Talking" singen – dann waren wir das.

Das fällt in der Tat auf: Sie haben eine starke Bühnenpräsenz. Da kommt kein Prinzenpaar, das die Kostüme spazieren trägt, Sie bringen Ihre Freude herüber. Kann man das trainieren?

Anja I. Nein, ich zumindest nicht. Vielleicht kommt es daher, dass wir aus dem Fußvolk kommen, das Karneval von Herzen feiert. Dass wir beide uns immer bewusst machen: Das erleben wir ein Mal – und nie wieder.

Frank I. Man wird bei uns niemals einen Zettel sehen. Es gibt sicher Politiker, Prominente, die vom Zettel ablesen – wir nicht. Wir machen das aus dem Bauch, und, gut, davon habe ich etwas mehr als die Novesia.

Ludger Baten stellte die Fragen beim NGZ-Talk auf dem Blauen Sofa. Christoph Kleinau fasste das einstündige Gespräch zusammen.

(NGZ)
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