Neuss Polizist und Künstler Anatol wird 80

Neuss · Ohne Joseph Beuys ist Anatol Herzfeld als Künstler undenkbar. Bei Beuys studierte er nebenher an der Düsseldorfer Akademie, als er schon im Polizeidienst stand und mit einem Puppenspiel-Programm zur Verkehrserziehung durch die Schulen zog.

Zuvor hatte er eine Schmiedelehre abgeschlossen — ein bodenständiger Mensch, der auch in der Kunst seit je das handfest Materielle dem filigran Geistigen vorzieht und seinem Polizeiberuf bis zur Pensionierung die Treue hielt. Heute vollendet "Anatol", wie er sich seit langem nennt, sein 80. Lebensjahr.

Wer schon einmal die Neusser Kunst-Insel Hombroich besucht hat, könnte auch mit Anatol Bekanntschaft geschlossen haben. Seit fast 30 Jahren unterhält er dort ein Atelier, und wer ihn etwas fragt, dem erklärt er die Welt und die Kunst und besonders gern seine eigene Arbeit. Von der kann man sich gleich an Ort und Stelle ein Bild machen: Übermannshohe rostige "Wächter", ähnlich stämmig wie Anatol selbst, bewachen das Gelände, und riesige Stühle markieren ein Rund. Ein monumentaler Beuys-Kopf aus Granit, der gleichfalls in Hombroich entstand, ziert inzwischen das Meerbuscher Rheinufer. Unter Anatols Händen wird alles groß und wirkungsvoll.

Bekannt wurde Anatol, als er 1973 mit seinem Lehrer Beuys im selbstgeschnitzten Einbaum über den Rhein setzte und damit dessen Rückkehr an die Düsseldorfer Akademie einleiten wollte — ein Jahr, nachdem der damalige Ministerpräsident Johannes Rau Beuys als Professor an der Akademie entlassen hatte.

Die Fotografien von diesem Ereignis sind heute ein Stück Kunstgeschichte: Anatol als der Vorderste unter den Paddlern, Beuys stehend als der visionäre Kapitän. So ist Anatol, der gebürtige Ostpreuße, auch ein Stück lebender rheinischer Folklore geworden, ein Schutzmann der bildenden Kunst, der stets ein Loblied auf die Schöpferkraft des Menschen singt.

(RP)
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