Politisches Engagement für Frauen in Neuss erleichtern Neuer Beirat für Gleichstellung

Neuss · Der neue Rat wird die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Politik angehen müssen.

Was darf ein Rat beschließen, ohne das nächste Gremium, über dessen Zusammensetzung bei der Kommunalwahl im September 2020 neu entschieden wird, zu sehr festzulegen? Diese Frage wird zunehmend wichtiger, denn einige Punkte stehen schon im „Hausaufgabenheft“ für den neuen Rat. Über die Zahl und Zuständigkeit der Bezirksausschüsse wird neu zu befinden sein, ein Integrationsausschuss den Integrationsrat bisheriger Prägung ersetzen – und vermutlich wird auch ein Gleichstellungsbeirat als neues Gremium eingerichtet.

Nach den Vorstellungen der SPD soll dieser Beirat dem Hauptausschuss zuarbeiten und sicherstellen, dass das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichstellung von Mann und Frau Beachtung findet. Die Gleichstellungsbeauftragte würde „abgeschafft“ beziehungsweise Vorsitzende dieses Gremiums.

Nach Darstellung der Verwaltung könnte die Arbeit für das Thema Gleichstellung durch einen solchen Beirat in der Tat gestärkt werden und gleichzeitig an politischer Bedeutung gewinnen. Vorstellbar wäre aber auch, dass ein Gleichstellungsausschuss etabliert wird, der nicht nur beratende Funktion hätte, sondern eigene Beschlussempfehlungen an den Rat adressieren kann. Mit diesem Initiativrecht hätte das Gremium ein stärkeres Mandat.

Einen Aspekt der Gleichstellungsarbeit betrifft den Rat selbst. Denn in dem höchsten politischen Gremium der Stadt sind Frauen unterrepräsentiert. Das liegt nach Überzeugung der FDP auch daran, dass ein familienfreundlicher Rahmen fehlt, damit Frauen ihre Verpflichtungen in Beruf und Familie mit einem politischen Engagement in Einklang bringen können. Für die Fraktion beantragte deren Vorsitzender Manfred Bodewig, eine kostenlose Kinderbetreuung während der Gremiensitzungen anzubieten. Müttern soll zudem Gelegenheit gegeben werden, im Fall des Falles ihr Kind zu stillen oder zu wickeln. Das werde sich sicher leicht einrichten lassen, sagt Bürgermeister Reiner Breuer zu, auch wenn bisher noch nie ein entsprechender Bedarf angemeldet worden sei. Eine Illusion musste Breuer dem Ratskollegen Bodewig allerdings rauben: Von daheim aus digital abzustimmen, wie sich das die FDP für Frauen in Mutterschaftsurlaub vorstellt, lasse die Gemeindeordnung nicht zu. „Mutterschaftsurlaub verbietet die Teilnahme an Gremiensitzungen ja auch nicht“, fügte er hinzu.

Die Kinderbetreuung oder die Pflege Angehöriger muss einem politischen Engagement auch nicht im Weg stehen. Dazu seien erst im März vergangenen Jahres die Sätze, die die Stadt für Betreuungskosten erstattet, deutlich angehoben worden. „Diese Möglichkeit wird aber nur wenig in Anspruch genommen“, sagt Breuer.

Dass man Betreuungsgeld für die Zeit von Gremiensitzungen beantragen kann, decke nur einen Teil ab, sagte Angelika Quiring-Perl, die lange Gleichstellungsbeauftragte des Rates war. Angesichts vieler weiterer Termine und Verpflichtungen müsse man Politik immer und vor allem auch als Hobby verstehen.

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