Analyse Politischer Kredit für Krieger fast aufgezehrt

Neuss · Höffner-Chef Krieger möchte kein zweites Möbelhaus mehr bauen, sondern einen Baumarkt. Dieser Zug bringt auch die Politik unter Druck, die dieser ständigen Änderungen längst überdrüssig ist. Die Stadt will sich vertragstreu zeigen - und hätte Alternativen.

Der Möbelhausinvestor Kurt Krieger war nie ein einfacher - besser: immer ein selbstbewusster - Verhandlungspartner. Das zeigte sich schon bei den Gesprächen zum Neubau des Möbelhauses Höffner, das erleben aber auch die Verantwortlichen in Duisburg und vor allem in Düsseldorf, wo Krieger zuletzt auch seine Möbelhaus-Pläne mehrfach änderte und auf einmal ein Logistikzentrum bauen wollte.

In Neuss und vor allem in den Ratsfraktionen hat der starke Mann aus Berlin mit seinen überraschenden Winkelzügen einiges an Kredit eingebüßt. Vor allem bei den Grünen ist der - dort nie sehr beliebte - Projektentwickler unten durch. Man könne sich auf sein Wort "herzlich wenig verlassen", sagt Ingeborg Arndt, genervt von der Ansage, dass Krieger nun doch keinen Möbel-Discounter seiner Kette "Sconto" im Hammfeld errichten will, sondern einen Baumarkt. Roland Kehl geht noch weiter. "Ich hoffe, dass Krieger von dannen zieht mit seinen Plänen", sagte er im Planungsausschuss. So deutlich wurde keiner, Widerspruch kam aber nicht.

Dass sich der Ausschuss eine Stunde nur mit der Frage "Sconto oder Nicht-Sconto" beschäftigte, zeigt die Dringlichkeit und die Brisanz des Themas. Denn es droht, was die - damals viel zu blauäugige Politik - schon einmal mit dem Essener Projektentwickler MfI erleben musste: Monatelang hatte die Stadt den Investor hofiert, damit er ein innerstädtisches Einkaufszentrum errichtet, die Neuss-Arcaden. Und dann hatte MfI einfach keine Lust mehr dazu, und man stand mit leeren Händen da.

Auch Krieger scheint die Lust an Möbel-Discountern etwas vergangen zu sein. Auch wenn vordergründig betont wird, man betreibe weiter seine Sconto-Ansiedlungspläne in Neuss. Man könnte das schwindende Interesse mit Blick auf den (mörderischen) Wettbewerb in der Möbelbranche aber sogar verstehen. Und schließlich baut Krieger ja einen Sconto in Düsseldorf.

Die jüngsten Äußerungen aus dem Hause Krieger zu ignorieren und einfach weiter munter an einem Bebauungsplan zu basteln, kann die Stadt nicht. Selbst wenn man wollte, um nach außen zu dokumentieren: Wir tun alles für den Erfolg des Projektes und erfüllen unseren Teil des Vertrages. Denn erstens wurde vereinbart, dass der Investor die Planungskosten übernimmt. Der aber hat das Geld nach Auskunft der Stadt nicht freigegeben. Zweitens liegt dem Ganzen ein städtebaulicher Rahmenvertrag zugrunde, den Krieger noch nicht gegengezeichnet hat. Und drittens handelt es sich um keinen Bebauungsplan, der auf dieses Projekt zugeschnitten ist, wie Karl-Heinz Baum (CDU) betont. Das heißt: Auf dieser Basis könnte jeder einen Bauantrag für ein Möbelhaus stellen.

Als sich Krieger in Neuss bewarb, erhielt er nicht nur den Zuschlag, weil er mehr bot als alle anderen, sondern weil er auch das Angebot machte, "Hammfeld II" ganz zu entwickeln. Die Frist, in der ihn die Stadt dazu und zum Kauf dieser Flächen zwingen könnte, endet am 31. Dezember. "Uns läuft die Zeit weg", sagt denn auch Peter Ott (SPD). Zumal der Kaufvertrag für die Sconto-Fläche bei einfachem Nichtstun sogar schon Ende Juni platzt, wie Roland Sperling (Linke) betont.

Aber, was ist zu tun? Die Frage nach einem "Plan B" ist gestellt, aber bis jetzt nicht eindeutig beantwortet. Neuss fühlt sich an den Vertrag mit Krieger weiter gebunden, sucht nach einer Einigung. Sie sucht aber auch nach einer Lösung, die "nicht innenstadtrelevant" ist, wie Planungsdezernent Christoph Hölters erklärt, also den City-Handel nicht gefährdet. Ein Ladenhüter würde das Hammfeld wohl auch nicht bleiben. Wenn etwas fehlt derzeit, dann Gewerbeflächen.

(-nau)
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