Fehler bei Aufforstung Koalition in Neuss fordert Nachpflanzungen und detaillierte Berichte

Neuss · Seit 2015 wurden in der Stadt Neuss 2847 Bäume gefällt aber nur 843 neu gepflanzt. Die Differenz soll bis 2028 ausgeglichen werden.

 Winterzeit ist Pflanzzeit. Allerdings versäumte es die Stadt, für gefällte Bäume Ersatz zu schaffen. Jetzt fehlen im Vergleich zum Jahr 2015 stadtweit 2000 Bäume im öffentlichen Raum.

Winterzeit ist Pflanzzeit. Allerdings versäumte es die Stadt, für gefällte Bäume Ersatz zu schaffen. Jetzt fehlen im Vergleich zum Jahr 2015 stadtweit 2000 Bäume im öffentlichen Raum.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Das Verhältnis der Ratsfraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ und dem von Matthias Welpmann – auch er Mitglied der Grünen – geführten Umweltdezernat ist derzeit sehr belastet. Auslöser dafür sind die Querelen um den technischen Betriebsleiter der Friedhöfe, den Welpmann suspendiert hatte ohne die Politik darüber zu informieren, vor allem aber die Wiederaufforstungspraxis der Stadt. Die Stadtverordnete Ingeborg Arndt spricht angesichts nicht eingehaltener Regeln von einem Vertrauensbruch. „Da muss sich die Verwaltung nicht wundern, wenn man alles infrage stellt, was sie äußert“, sagt Arndt und kündigt an, das Dezernat härter an die politische Kandare nehmen zu wollen. Mit Anträgen und einer detaillierten Berichtspflicht.

Die hatte es in der Vergangenheit schon gegeben, als die Stadt zum Beispiel den Umweltausschuss regelmäßig darüber informierte, wo Bäume gefällt und wo welche nachgepflanzt wurden. 2018 wurde beides in diesem Gremium mit keiner Silbe erwähnt. Gleichzeitig aber meldeten sich immer mehr Bürger mit der Beobachtung bei Arndt, „dass die Bäume weniger werden“. Das machte die Umweltpolitikerin stutzig, die nachfragte – und vor allem nachrechnete. „2847 wurden in den Jahren seit 2015 gefällt aber nur ganze 843 Bäume wurden als Ersatz gepflanzt“, fasst der Fraktionsvorsitzende Michael Klinkicht das Ergebnis zusammen. „Und wir haben immer gutgläubig angenommen: Wenn die Stadt sagt, dass sie Bäume fällt aber im Herbst dafür Ersatz pflanzt, dann tut sie das auch“, sagt Arndt ebenso enttäuscht wie verärgert.

Die erste Reaktion darauf war ein  mit der CDU erarbeiteter Antrag, die Differenz von 2000 Bäumen in einem auf zehn Jahre angelegten Wiederaufforstungsprogramm auszugleichen. Diese in nur einem Kalenderjahr zu pflanzen, würde nicht nur rund 1,5 Millionen Euro kosten, sondern wäre auch personell gar nicht leistbar, sagt Klinkicht und ergänzt: „200 sind machbar.“ Für sie stellte die Koalition mit dem Etat 2019 auch das nötige Geld zur Verfügung.

Zweite Konsequenz, die sich aus der Enttäuschung der Grünen ergibt, werden zwei Anträge für die Sitzung des (von Klinkicht geleiteten) Umweltausschusses am 7. März sein. Darin wird die Koalition einerseits kompromisslos fordern, dass für jeden – aus welchen Gründen auch immer – gefällten Baum im Stadtgebiet Ersatz geschaffen wird. „Wir geben uns auf keinen Fall damit zufrieden, auf die natürliche Entwicklung und die Selbstaussaat zu warten“, stellt Arndt klar. Und die Grünen kündigen an, wieder regelmäßige Berichte einzufordern.

Die Stadt übt zwar Kritik an der Rechnung, weil die Auswirkungen des Pfingststurms „Ela“ im Jahr 2014, dem stadtweit 5000 Bäume zum Opfer gefallen waren, noch 2015 und 2016 zu spüren gewesen seien. Das könnte den Eindruck der Statistik verfälschen. Andererseits aber legt sie offen, dass es auch 2017 und 2018 ein enormes Missverhältnis zwischen Fällungen (insgesamt: 1322) und 292 nachgepflanzten Bäumen gab. Sie betont aber auch: Alle Bäume, die nach dem Sturm Ela mit Spendengeld der Bürger gekauft wurden, stehen inzwischen.

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