Indischer Geistlicher wirkt in St. Stephanus "Pfarrer Jey" kam mit dem Motorrad zur Messe

Indischer Geistlicher wirkt in St. Stephanus · In seiner indischen Heimat kam er mit dem Motorrad zur Messe, in Grefrath lebt er jetzt gleich vis-|2a-vis der Kirche: Jeyaraj Santhanam hat in der katholischen Pfarrgemeinde St. Stephanus freundliche Aufnahme erfahren.

"Die Menschen sind sehr nett zu mir, und es gibt keinerlei Probleme", berichtet der 38-jährige Geistliche, den Kardinal Joachim Meisner, Erzbischof von Köln, zum Kaplan in Grefrath, Glehn, Holzheim und Reuschenberg ernannt hat. Vor allem in Grefrath ist der Inder hoch willkommen, kann der erkrankte Diakon Norbert Schmitz doch in Ruhe etwas kürzer treten.

Der Weg von "Pfarrer Jey", wie man den Priester der Einfachheit halber nennen darf, ist eng mit dem Namen der Kölnerin Käthe Becker verbunden. Die heute 75-Jährige ist auch mit ihm neben der Grefrather Pfarrbücherei eingezogen, "als ehrenamtliche Haushälterin", wie sie sagt.

Dabei ist sie aber auch fast lebenslange Begleiterin des Mannes aus Samayanallur. Er war ihr Patenkind, und sie unterstützte ihn aus dem fernen Deutschland, damit er Priester werden konnte. Eine Privatinitiative hatte in der Kirche der Gemeinde, in der Käthe Becker wohnte, Plakate ausgehängt mit den Fotos von indischen Jungen und Mädchen, die ideeller und finanzieller Hilfe bedurften.

Die Gottesdienstbesucherin entschied sich, den damals 14 Jahre alten Jeyaraj in ihre Obhut zu nehmen - eine Verbindung, die nie mehr abgerissen ist. Im Gegenteil: Von September 2000 bis Februar 2001 lebte Käthe Becker in der südindischen Provinz Madurai in eine der Gemeinden von Santhanam.

"Alle haben mir gesagt, wie dreckig und gefährlich Indien sei, sie haben mir das Land richtig madig gemacht. Aber als ich da war, war ich beeindruckt von der Dankbarkeit und Sauberkeit der Menschen und wäre am liebsten dort geblieben", sagt die emsige Seniorin. Jeyaraj Santhanam hat 13 Jahre lang ein Seminar besucht und an einem College Theologie und Philosphie studiert.

1990 weihte ihn der Erzbischof von Madurai zum Priester. Drei Jahre wirkte der Geistliche als Kaplan, ehe er den Titel "Pfarrer" verliehen bekam. Der Kirchenbezirk, den er daraufhin leitete, umfasst nicht weniger als 14 kleine Gemeinden, ein College und vier Gymnasien. "Pfarrer Jey's" Herz schlägt für Kinder. Um 38 Jungen und Mädchen kümmert er sich besonders intensiv. Die Waisen oder Nachkommen benachteiligter Familien hat er bei Nonnen oder Bruderschaften untergebracht, wo sie Hygiene, Nahrung und Bildung erhalten - kein selbstverständliches Gut auf dem Subkontinent.

Für die Zeit, in der er in Deutschland arbeitet, hat er einen Vertreter beauftragt, die Kleinen zu betreuen. "Es ist üblich, dass indische Priester im Ausland in der Seelsorge Erfahrungen sammeln, und die meisten gehen in die USA", erläutert Santhanam.

Er hat sich für Deutschland entschieden, und der Grund dafür ist Käthe Becker, die ihm die deutsche Sprache beibrachte, die er schon ganz passabel beherrscht. Er feiert Messen, gestaltet Taufen und Beerdigungen - "was ein Priester halt so macht". Sein Eindruck: "Hier in Grefrath wird der Pastor mehr respektiert als in Indien."

Madurai ist Diaspora, nur drei Prozent der Menschen im hinduistischen Land bekennen sich zum Christentum. "Bei uns gibt's zu viele Kasten", räumt der Priester ein. Sein Rezept gegen Diskriminierung: Er gründete einen Verein für den Dialog von Menschen aller Kasten und Religionen. Bis Mai lebt Santhanam in Grefrath, danach entscheidet der Erzbischof über seine künftige Aufgabe. Ob er Heimweh hat? "Nee", sagt "Pfarrer Jey" und lacht. tz

(NGZ)
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