Pfadfinder in Neuss 90 Jahre „Gut Pfad“ in Neuss

Neuss · Der Pfadfinderstamm „Malteser“ in der Dreikönigengemeinde feiert Geburtstag. Er ist ein Methusalem in der Szene der Jugendarbeit, die Experten als sehr vielfältig beschreiben. Für seine Stabilität gibt es viele Gründe.

 „Gut Pfad“? Als die Kinder und Jugendlichen wegen der Corona-Pandemie nicht ins Ferienlager reisen konnten, organisierte die Stammesleitung das „Heimspiel“ – ein Ferienspaß ohne Übernachtung für Mitglieder aller Altersstufen.

„Gut Pfad“? Als die Kinder und Jugendlichen wegen der Corona-Pandemie nicht ins Ferienlager reisen konnten, organisierte die Stammesleitung das „Heimspiel“ – ein Ferienspaß ohne Übernachtung für Mitglieder aller Altersstufen.

Foto: DPSG

Als im nationalsozialistischen Deutschland die kirchliche Jugendarbeit abgewürgt wurde, machte der 1932 in der Dreikönigengemeinde gegründete Pfadfinderstamm „Malteser“ im Verborgenen irgendwie weiter. „Wir haben so den Weltkrieg überlebt, was andere nicht geschafft haben“, sagt der amtierende Stammesvorsitzende Christoph Kreuer. Er weiß nicht wie, sondern nur dass es gelang – und dass der Stamm „Malteser“ so 90 Jahre alt werden konnte. Ein Methusalem der verbandlichen Jugendarbeit, der seinen runden Geburtstag am 21. Mai groß feiern will.

Zur Vorbereitung wurde im Archiv gestöbert und Material für einen Countdown in Bildern zusammengetragen. Genau 90 Tage vor dem Fest wurde das erste Bild veröffentlicht, dem seitdem Tag für Tag ein neues folgt – jedes mit einer kleinen Geschichte. Wer sich darin vertieft, lernt auch, dass die Pfadinderszene in Neuss schon einmal deutlich größer war. So gab es in Grefrath den Stamm „Grafen Rode“, nach dessen Auflösung sich viele Pfadfinder den „Maltesern“ anschlossen. Auch vom Stamm „Burgund“ war zuletzt zu lesen, der sich 1951 gründete, längst eingegangen ist, aber zum 70. Jahrestag noch einige Veteranen zusammenführte.

 1933 reiste schon der Fotoapparat mit ins Malteser-Sommerlager.

1933 reiste schon der Fotoapparat mit ins Malteser-Sommerlager.

Foto: DPSG

Aktuell zählt die Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) als größter katholischer Dachverband der Scouts 1200 Stämme. Im Diözesanverband Köln sind es derzeit rund 100, die in 13 Bezirken organisiert sind. Die „Malteser“ gehören zum Bezirk Rhein-Erft, genau wie „Deutschritter“ (Gustorf), „Greifen“ (Delrath), „Alfred Delp“ (Weckhoven) und St.-Josef in Grevenbroich-Süd. Die sind am Wochenende Ausrichter des Georgstags, der als Spaßtag und „Duell der Stämme“ aufgezogen wird. Das hätten sich die Kinder gewünscht, sagt Kreuer, weil sie 2021 beim virtuellen „Wetten, dass...“ gewonnen haben.

Mit bundesweit 80.000 Mitgliedern ist die DPSG einer der größten Kinder- und Jugendverbände, betont Lena Schmitz. Sie arbeitet im Bundeshaus, der Verwaltungszentrale des Verbandes, die im alten Krankenhaus in Holzheim residiert. Aber auch mit dieser Größe sind die Pfadfinder nur ein Akteur in der Szene, die Stephan Schneider als sehr vielfältig beschreibt.

Schneider ist Fachbereichsleiter für die „Territoriale und verbandliche Jugendarbeit“ in der Katholischen Jugendagentur Düsseldorf (KJA). Sein Job ist es, die meist von ehrenamtlichen Leitern getragene Jugendarbeit in den Pfarreien zu begleiten und auch durch Aus- und Weiterbildungsangebote zu unterstützen. In Neuss, sagt er mit Blick auf die verbandliche Jugendarbeit, sind unter dem Dach des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) neben den Pfadfindern auch die Jungschützen in den Bruderschaften, die Landjugend in Kaarst, die Kolpingjugend St. Josef in Rosellen und die Katholische junge Gemeinde (KJG) mit Gruppenangeboten aktiv. „Sehr vielfältig“, so Schneider. Sie alle hätten in der Corona-Pandemie viel online für ihre Gruppen gemacht und würden jetzt wieder starten. „Die Ferienlager sind voll“, sagt der KJA-Sprecher.

Neben diesen festen Gruppen gibt es in kirchlich-katholischer Trägerschaft auch ein wachsendes Angebot der offenen Jugendarbeit. Zum Teil organisieren das die Gemeinden selbst, zum Teil – wie etwa im Treff „Das Haus“ am Hamtorwall – ist die KJA verantwortlich. Eine Verschiebung der „Nachfrage“ in Richtung der freien Angebote kann Schneider nicht ausmachen. Er spricht von einem gleichberechtigten Nebeneinander.

Natalie Degelmann, Stammeskuratin und damit so etwas wie die geistliche Leitung, kann das für „ihre“ Malteser unterschreiben. „Unsere Mitgliedszahlen sind seit Jahren stabil, da hat auch die Pandemie nicht viel verändert“. Im Gegenteil, ergänzt Kreuer: „Für die Altersgruppe mussten wir gerade eine Warteliste einrichten.“ Denn die Gruppenstunden gehen wieder los, doch die Zahl der Leiter wächst nicht im gleichen Maße wie die Nachfrage.

Dass der Stamm gut durch die Pandemiejahre gekommen ist, hat auch mit spektakulären Aktionen wie dem „Durchhaltegruß“ zu tun, der für eine Plakatwand an der Bergheimer Straße gestaltet wurde, sowie fortgesetzten Gemeinschaftserlebnissen. Ein Ferienlager gab es 2021 zwar nicht, dafür aber das „Heimspiel“ als Ferienspaß ohne Übernachtung. Doch 2022 werden alle vier Altersgruppen auf große Fahrt gehen – nach der Geburtstagsfete.

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