Analyse: Grüne in Neuss stellen Reserveliste auf Ein Tableau mit Lücken

Neuss · Die Grünen haben ihre Reserveliste aufgestellt. Auf den aussichtsreichsten Plätzen landeten fast nur Altbekannte.

 Susanne Benary ist 2020 Spitzenkandidatin der Grünen und wird auch mit der Bürgermeisterkandidatur in Verbindung gebracht.

Susanne Benary ist 2020 Spitzenkandidatin der Grünen und wird auch mit der Bürgermeisterkandidatur in Verbindung gebracht.

Foto: Kirschstein/Jansen

Die Grünen leben in der Sorge, dass ihnen SPD und Linke bei den Themen rund um Umwelt- und Klimaschutz die Butter vom Brot nehmen. Das war deutlich aus den Worten des bisherigen – und vermutlich auch künftigen – Fraktionsvorsitzenden Michael Klinkicht auf dem Parteitag herauszuhören, der am Montagabend daran ging, den ersten Teil der Reserveliste aufzustellen. „Klima: Damit müssen wir beim Bürger punkten“, sagt er.

Die Grünen wären schlecht beraten, wenn sie eine andere Karte spielen würden, gilt doch die Umweltpolitik als ihr Markenkern. Das wird auch nach der Kommunalwahl 2020 wohl so sein. Ein Kommunalwahlprogramm muss die Partei zwar noch erarbeiten, doch machen schon die Profile der 14 Kandidaten, die bislang benannt sind, deutlich, wohin die Reise gehen wird: Klima, Umweltschutz, Sozial- und Familienpolitik, Integrationfragen.

Da tun sich Lücken auf, zumal mit Hedwig Claes die profilierteste Kulturpolitikerin der Grünen aus dem Rat ausscheiden wird – und sich offenbar niemand berufen fühlt, ihre Nachfolge anzutreten. Ein Interesse an Schulpolitik wurde in keiner Vorstellungsrede geäußert. Für Wirtschaftsfragen konnte sich erst der an Platz sechs gewählte Manfred Haag, der vom Kreistag in den Stadtrat wechseln will, erwärmen, und für Verkehrsfragen der an Platz zehn gesetzte Newcomer Kantharuban Balasubramaniam. Roland Kehl, derzeit kompetentestes Fraktionsmitglied in diesem Thema, fiel beim Versuch, Platz zwölf zu erobern, in der Stichwahl knapp gegen den Parteisprecher Uwe Welsink durch. Der soll das wichtige Thema Sport besetzen. Aber: Wie aussichtsreich ist Listenplatz zwölf aus Sicht einer Partei, die 2014  sieben Mandate erringen konnte?

Bei Besetzung dieser vorderen Listenplätze folgten die 38 stimmberechtigten Mitglieder der Devise: Keine Experimente. Als Spitzenkandidatin tritt Susanne Benary an, die schon seit zwölf Jahren Parteisprecherin ist. „Normalerweise“ wäre dieser Platz für einen Bürgermeisterkandidaten vorbehalten, den die Partei erst im neuen Jahr aufstellen will. Doch Benary reagiert (noch) sehr distanziert, wenn man sie mit diesem Job in Verbindung bringt. Nur: Wer wäre die Alternative?

Michael Klinkicht? Der – Ämterrotation her oder hin – mit 20 Jahren dienstälteste Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, der am Montag die meisten Ja-Stimmen erhielt, winkt bei Spitzenpositionen inzwischen routiniert ab. Sein erstes Ziel: Die Koalition mit der CDU in der Erfolgsspur zu halten. „Was nach der Wahl passiert, ist offen“, beantwortet er Fragen zu diesem Thema.

Ohne Ingeborg Arndt, von Platz eins im Jahr 2014 auf Platz drei gerutscht, ist seit 2004 keine Grünen-Fraktion vorstellbar. Sie hat echte Kritiker in der Partei, bekam auch die meisten Nein-Stimmen, verkörpert aber als BUND-Vorsitzende wie kein anderes Fraktionsmitglied grüne Wurzeln. Weiteres Plus: Sie „mag“ das Thema Planung.

Mit Dieter Zander und Jennifer Olpen folgen auf den Plätzen vier und fünf zwei weitere amtierende Stadtverordnete. Zander, einziger Rechtsanwalt in der Fraktion, empfahl sich als Generalist und „Rammbock“: Die Auseinandersetzungen im Rat werden härter, zeigte er sich überzeugt und sieht sich selbst in der ersten Reihe in der Auseinandersetzung mit „den großen Vereinfachern.“

Als erste echte Neueinsteigerin kam Bettina Weiß auf Rang sieben des Tableaus. Sie hat sich erste Sporen bei „Grüne im Dialog“ erworben. Immerhin. Völlig unerfahren ist Pedro López vom Verein „Raum der Kulturen“, der erst vor einem Monat Mitglied bei den Grünen wurde und in der ersten Kampfkandidatur des Abends um Platz acht den Alt-Grünen Jürgen Reith ausstechen konnte. Ihm eine Chance zu geben, ohne dass ihn jemand in der Fraktion kennt, spricht für die Grünen. Ob das funktioniert, muss sich zeigen. Im Fall von Michael Giesen, der sein Mandat zurückgab, ist das schon einmal daneben gegangen.

Bevor sich der Parteitag auf den 27. November vertagte, war nur noch Platz neun umkämpft, den Betty Nordmann-Zander errang. Sie schlug Nilab Fayaz, zuletzt Europa-Kandidatin der Grünen, aus dem Rennen. Auf den Plätzen folgen Nicole Roeggeler (11.), Annette Kehl (13.) und Simon Rock (14.).

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