Neuss Packendes Theaterstück über verzweifelten Aufstand

Neuss · In der Alten Post hatet das Stück "2PacAmaruHector" in der Regie von Stefan Filipiak Uraufführung. Der Roman stammt von Enno Stahl.

 Sie suchen soziale Gerechtigkeit, aber werden scheitern: Szene aus dem Stück "2PacAmaruHector" in der Alten Post.

Sie suchen soziale Gerechtigkeit, aber werden scheitern: Szene aus dem Stück "2PacAmaruHector" in der Alten Post.

Foto: Stefan Filipiak

Von zwei Seiten stürmen sie in den Raum, schließen die Türen und haben im Nu über 100 Geiseln: Temporeich, packend und originell hat Stefan Filipiak in der Alten Post das Stück "2PacAmaruHector" des Neusser Autors Enno Stahl inszeniert. Wer aber sind Mina und Hector, die beiden bewaffneten Besetzer der "Wasserburg Breckendorf" (alias Alte Post) und was wollen sie? Sind sie die durchgeknallten Verrückten, zu denen die Medien sie schnell erklären? Oder eher engagierte Menschen mit einer großen Sehnsucht nach sozialer Gerechtigkeit und nach einem Wirtschaftssystem, das sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, wie sie sich selber sehen?

Schon die Idee, die Zuschauer buchstäblich mitten in das Geschehen zu rücken, dessen Akteure den ganzen Vorführraum rund um die Besucher nutzen, ist eine glückliche Entscheidung von Regisseur Filipiak, die der Inszenierung ungeheure Dichte und Authentizität gibt. Per Videoeinblendungen (Nils Kemmerling) und mit ausgeklügelter Tontechnik vermittelt seine rasante, sehenswerte Inszenierung zudem grandios das Geschehen außerhalb der Burg, wo Sondereinheiten und ein riesiges Polizeiaufgebot, vor allem aber Fernsehteams und Medienmacher sehr schnell die Situation kontrollieren.

"2PacAmaruHector" – gleich auf zwei historisch-mythische Helden spielt Enno Stahl im Titel seines so leidenschaftlichen wie hoffnungslosen Stücks an, auf den letzten Inka-Herrscher Tupak Amaru, der gegen spanische Eroberer einen verzweifelt-aussichtslosen letzten Kampf führte ebenso wie auf Hektor, den ältesten Sohn von Trojas König Priamos, Liebling der Götter und edler Held.

So erscheinen auch Chris Faber, arbeitsloser Psychiatriepatient mit dem selbstgewählten Namen Hector, (sehr authentisch gezeigt von Ernst Geesmann) und seine schwangere Freundin Mina (quirlig, glaubwürdig, einfach toll: Vanessa Harbrecht) als durchaus sympathische Alltagshelden. Faszinierend, voller Sarkasmus und Ironie, nicht ohne Bitternis, spielen Enno Stahl und Stefan Filipiak durch, wie solche Geiselnahme im Zeitalter der Webcams, Weblogs und allmächtigen Medienwelten schnell zu einem absurden Spiel um Quoten und Kommentare gerät, in dem jeder dank omnipräsenter Kameras alles zu überblicken glaubt. "Alternativlos" das blutige Ende des verzweifelten Aufstands der Ohnmächtigen und ein Stück, so nüchtern, brillant, präzise, voller Leidenschaft, ohne Pathos geschrieben und inszeniert, dass es zum Anschauen schlicht keine Alternative gibt.

Info Termine 12. und 13. Juli, 20 Uhr

(NGZ)
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