Neuss "Othello" erzählt vom Fremdsein

Neuss · Am RLT hat morgen Mario Holetzecks Bearbeitung der Tragödie von Shakespeare Premiere.

 Eine abstrakte Bühne wird es für "Othello" geben.

Eine abstrakte Bühne wird es für "Othello" geben.

Foto: M. Holetzeck

Zwölf benannte Figuren, dazu jede Menge Offiziere, Musiker, Edelleute oder Bediente stehen auf der Personalliste von Shakespeares Tragödie "Othello". Regisseur Mario Holetzeck hat die Rollen für seine Inszenierung am RLT auf sechs reduziert. "Das reicht", sagt er überzeugt. Othello (Andreas Spaniol), Jago (Michael Meichßner), Desdemona (Juliane Pempelfort), Doge (Joachim Berger), Cassio (Philipp Alfons Heitmann) und Rodrigo (Stefan Schleue) reichen ihm, um die Geschichte des Feldherrn zu erzählen, der in der städtischen Gesellschaft ein Fremder ist und von einem vermeintlich guten Freund zur Mordtat an seiner Frau verleitet wird.

In diesem Gefühl des Fremdseins, das eine Gesellschaft auch einem Menschen vermitteln kann, der sich eigentlich als zugehörig betrachtet, sehen Regisseur und Chefdramaturg Reinar Ortmann den Kern ihrer Bearbeitung. "Othello ist ein Freak, ein Ausgestoßener", erklärt Ortmann, und Holetzeck ergänzt: "Die Gesellschaft hat ihn dazu gemacht, und als er das erkennt, macht es ihn ungeheuer wütend."

In Jago sieht er zudem eine Schlüsselfigur. Nicht allein, weil dieser die Intrige spinnt, die Othello an der Treue seiner Frau zweifeln und ihn letztlich Desdemona töten lässt, sondern weil auch Jago liebt: "Er ist Othello in einer Art Hassliebe verbunden", sagt Holetzeck, "einerseits mag er ihn sehr, andererseits sieht er den Fremden in ihm, der etwas raubt, was ihm nicht gehören darf." Othello dagegen glaube, dass Jago ihm ein echter Freund sei. Für den Regisseur bedeutet das: "Jago muss ein gespaltener Mensch sein, der sich so geben kann, dass beides möglich ist." Folgerichtig erkenne er zu spät, dass auch er mit dem Freitod von Othello alles verloren habe, was sein Leben bisher ausmachte.

Diskriminierung und Ausgrenzung, Macht und Unterordnung sind Themen, die das um 1603 entstandene Stück sehr heutig machten. Liebe und die Suche nach selbiger die anderen. Holetzeck lässt das Stück zwar in Venedig spielen, will aber mit einer labyrinthähnlichen Bühne, die an einen Palast erinnere, und abstrahierten Kostümen zugleich die Zeitlosigkeit der Geschichte betonen.

Info Am Obertor, morgen, 20 Uhr (Premiere), Karten unter 02131 269933

(hbm)
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