Neuss: „Orgelsommer“ in St. Quirin Kompositionen von „Kathedral-Kollegen“

Neuss · Das dritte Konzert des „Orgelsommers“ in St. Quirin bestritt der Münsterkantor Joachim Neugart.

Das „Bergfest“ – das dritte von fünf Konzerten beim 24. Neusser Orgelsommer – feierte der Hausherr Münsterkantor Joachim Neugart in der Quirinusbasilika mit (spät-)romantischer Musik aus Leipzig und Paris. Dabei erhielt das Motto „Kathedral-Kollegen“ zumindest für die französischen Komponisten doppelte Bedeutung.

Denn César Frank, bedeutender französischer Orgelkomponist deutsch-belgischer Abstammung, war von 1856 bis zu seinem Tode 1890 Titularorganist an Ste-Clotilde in Paris, also auch Kollege. Von ihm spielte Joachim Neugart zunächst das bekannte „Prélude, Fugue et Variation in h-Moll“ (op. 18). Die eingängige und wiegenartige Melodie des Andante cantabile im Präludium war weich mit Flöten- und Streicherstimmen registriert, sie wird in den Variationen mit virtuosen Begleitfiguren wieder aufgenommen. Noch bekannter ist Francks „Choral in E-Dur“ (op. 90): Nach ruhigem Beginn erscheint der Choral mit dem Register „Vox humana“ im Sopran, dann in einer Trompete, um im Maestoso-Schluss in glänzender Breite zu erklingen.

Charles Marie Widor war über 60 Jahre (von 1870 bis 1934) Organist an St. Sulpice in Paris. Die abschließende Toccata aus seiner 5. Symphonie gehört zu den bekanntesten Orgelwerken überhaupt. Joachim Neugart spielte aus dieser Symphonie den zweiten Satz „Allegro cantabile“, der mit seiner einschmeichelnden Melodie ebenfalls sehr hörenswert ist. Die Leipziger Komponisten des Programms waren weniger „Kollegen“. Sigfrid Karg-Elert zum Beispiel bemühte sich eine Zeit lang vergeblich um eine Kirchenmusikerstelle, wurde aber 1919 Professor für Komposition am Leipziger Konservatorium als Nachfolger von Max Reger. Drei ruhige Impressionen und das Porträt „Ritornello alla Brahms“ gaben dem Münsterkantor Gelegenheit, ausgiebig im Farbkasten seines Registerwerkes zu schwelgen.

Hervorragende Organisten wie Max Reger gaben natürlich auch Konzerte in Kathedralen. Wegen seiner Heirat mit einer geschiedenen Protestantin exkommuniziert, durfte er im Januar 1909 in der Quirinusbasilika nicht spielen und gab das Konzert in der Christuskirche. Beim Orgelsommer erklang sein „Benedictus“ aus den „Zwölf Stücken op. 59“.

Das Finale galt dem französischen Komponisten Louis Vierne, von 1900 bis 1937 Organist an Notre Dame de Paris. Seiner genialen Übertragung des Westminster-Glockenspiels auf die Orgel – „Carillon de Westminster“ – ließ Joachim Neugart im Raum wirken. Das begeisterte auch Tim, Thomas und Jakob, die bei weitem jüngsten Zuhörer. Was Wunder: Tim und Jakob sind Neugarts Orgelschüler.

Info Heute Abend, um 20 Uhr,  gibt es das vierte Konzert im Orgelsommer. Es spielt der Mainzer Domorganist Daniel Beckmann.

(Nima)
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