Neuss/Düsseldorf Obdachlosen-Mord: Ausländerhass als Motiv?

Neuss/Düsseldorf · Weil sie auf dem Tüv-Gelände Ende März einen Obdachlosen überfallen und ermordet haben sollen, müssen sich zwei 18 und 38 Jahre alte Männer vor dem Düsseldorfer Landgericht verantworten. Zur Tat wollten beide zum Prozessauftakt zunächst keine Angaben machen. Erstmals allerdings wurde bekannt, dass bei dem Mord auch Ausländerhass als Motiv eine Rolle gespielt haben könnte.

Obdachlosen-Mord: Polizei sichert Spuren
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Mit Kapuze über dem Kopf betrat der erst 18-jährige Dennis E. am Montag den Verhandlungssaal im Düsseldorfer Landgericht. Unsicher und sichtlich nervös folgte ihm der 38-jährige Sven K.. Beide sollen ihr späteres Opfer - ein vietnamesischer Obdachloser - Anfang des Jahres in der Obdachlosen-Unterkunft am Derendorfweg kennen gelernt haben. "Die beiden wussten auch, dass das Opfer sich als Flaschensammler immer erhebliche Mengen Bargeld verdiente", so der zuständige Staatsanwalt Christoph Kumpa.

Die Suche nach Bargeld war offenbar auch das Motiv für die spätere Tat: So sollen Dennis E. und Sven K. gemeinsam den schlafenden 59-Jährigen überfallen, beraubt und letztlich totgeprügelt haben. "Es war ein Mord für ein paar Euro", so Kumpa, "mehr als ein bisschen Kleingeld und eine Baseballmütze haben die beiden nicht erbeutet."

Erschütternd, so der Staatsanwalt, sei vor allem die emotionale Kälte gewesen, mit der speziell Dennis E. gegenüber der Polizei von der Tat berichtet habe. "Das war schon außergewöhnlich."

Möglicherweise hat neben den finanziellen Motiven bei dem Mord an dem gebürtigen Vietnamesen zumindest bei Dennis E. auch Ausländerhass eine zentrale Rolle gespielt. Der 18-Jährige räumte ein, Kontakte zur Hooligan- und Neonazi-Szene zu haben. Auf der Brust hat er nach eigenen Angaben zwei Hakenkreuze tätowiert. Auf Nachfragen von Richter Werner Arendes sagte er, Ausländer seien für ihn "Kanacken".

Ohnehin liest sich die bisherige "Vita" des 18-Jährigen wie ein völlig "verpfuschtes" Leben. Zunächst aufgewachsen in bürgerlichen Verhältnissen kam Dennis E. nach Diebstählen und Auseinandersetzungen in der ersten Klasse bereits ins Heim. Es folgten Aufenthalte in verschiedenen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, zeitweise landete der Junge in der Psychiatrie, ein Jahr lang wurde er auf Teneriffa von einem speziell ausgebildeten Ehepaar betreut — nichts half. Andere Heimbewohner und Erzieher bedrohte und bewarf er mit Messern oder Scheren, während seines Aufenthalts auf Teneriffa trat er mehrere Hunde und Kaninchen zu Tode, immer wieder fiel er durch Diebstähle, Schlägereien und Bedrohungen auf.

Einen Monat vor der Tat war er bei seiner Mutter in Mönchengladbach endgültig ausgezogen und auf der Straße gelandet. "Ich war immer das Problemkind der Familie", räumte E. selbst ein. Für Staatsanwalt Christoph Kumpa ist er ein fast hoffnungsloser Fall. "Er ist ein Intensivstraftäter", so Kumpa, "bei einer Verurteilung nach Jugendrecht muss er mit zehn Jahren Haft rechnen."

Seinem mutmaßlichen Komplizen droht sogar lebenslänglich. Sven K. soll seit vielen Jahren erhebliche Alkoholprobleme haben, vor Gericht wirkte der Arbeitslose entsprechend gezeichnet. Warum er und sein 18-jähriger Komplize die Tat begangen haben, wollen sie am nächsten Prozesstag am 17. November sagen. Mit dem Urteil wird frühestens Anfang Januar gerechnet.

(dapd)
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