Neuss/Lyttelton Obdachlos nach Erdbeben
Neuss/Lyttelton · Seit 20 Jahren lebt die Neusserin Bettina Evans-Richter mit ihrer Familie in Neuseeland, jetzt wurde sie durch das Erdbeben Ende Februar obdachlos. Sie berichtet über die Stunden der Angst und das Leben im zerstörten Lyttelton.
Neusserin in Neuseeland: Erdbeben zerstört ihr Haus
Es klingt wie ein Überschallknall unter dem Teppich, das ganze Haus hebt sich und fällt wieder herunter – so beschreibt Bettina Evans-Richter die Nachbeben, die seit zwei Wochen die Bewohner Lytteltons aufschrecken. "Mein Herz rast, wir springen auf, rennen zur Tür – und dann ist es vorbei", erklärt die Neusserin, die seit 20 Jahren in Neuseeland wohnt. Seit dem 22. Februar erleben die Evans diese Schockwellen täglich zehn Mal, auch nachts.
Trotz dieser angespannten Situation ist Bettina Evans, geborene Richter, sehr froh und dankbar, dass ihre Familie das Erdbeben mit einer Stärke von 6,3 überlebt hat – bisher wurden 163 Tote geborgen. Das Epizentrum lag genau unter dem kleinen Hafenstädtchen Lyttelton, in dem die Evans seit fünf Jahren leben.
Um 12.51 Uhr, als die Erde sich am 22. Februar auftat, waren Bettina und John Evans mit ihren Enkelkindern Francis (6) und Isaiah (12) gerade bei McDonald's in Christchurch. Die Neusserin erinnert sich: "Das Licht geht aus, Küchenutensilien fliegen umher, der Fußboden ist wie Wackelpudding, die Menschen schreien, die Wände knirschen und wir werden umhergeschleudert." Nach 20 Sekunden konnte sich die Familie nach draußen retten.
Vom Beben im September 2010, über das Bettina Evans-Richter in der NGZ-Weihnachtsbeilage "Grüße aus aller Welt" berichtete, wusste sie, dass es Nachbeben und Chaos geben würde. So konnten sie sich mit dem Auto in sichere Gebiete retten. Zum Glück war Sohn Brendan (16) gerade in der Schulpause draußen auf dem Rasen, und auch Sohn Nicholas (18), der im Norden Christchurchs lebt, überstand das Beben gut. Die drei Töchter leben weiter entfernt.
Jetzt sind die Evans seit zwei Wochen obdachlos. Zwar sieht ihr Haus unbeschädigt aus, allerdings gibt es breite Risse im Betonfundament, eine Wand droht einzustürzen und das Haus hat sich vom Boden angehoben. Daher haben die Inspektoren es für unbewohnbar erklärt. Jetzt sucht die Familie ein neues Haus zum Wohnen.
Für die erste Zeit konnte Bettina Evans mit ihrem Mann John und dem jüngsten ihrer fünf Kinder, Brendan, in ein sicheres Haus eines Nachbarn ziehen. Es gibt zwar Elektrizität, aber kein Trinkwasser. Das Wasser wird in Kanistern aus einem Tank am Gemeindezentrum gezapft, wo die Evans älteren Leuten helfen. Bettina Evans, die keine Chance mehr sieht, in naher Zukunft ihren Job im Informationsbüro für Kreuzfahrten wieder aufzunehmen, bestickt Wollherzen zum Dank für die Helfer – und diejenigen, die Mitgefühl ausdrücken.
Denn es ist viel zerstört: Alle Läden an der Hauptstraße sind beschädigt, es wird Jahre dauern, bis alles wieder aufgebaut ist. Dennoch schreibt die Neusserin: "Wir leben und fühlen uns getragen von der Liebe und Hilfe der ganzen Welt. Dafür sind wir unendlich dankbar."