Norbert Hummelt in Neuss Erinnerungen an die Neusser Kindheit

Neuss · Der in der Quirinusstadt geborene und aufgewachsene Lyriker Norbert Hummelt kommt zu einer Lesung in die Stadtbibliothek.

 Norbert Hummelt stellt in Neuss zwei Bücher vor: „Atlas der Erinnerungen“ und „Fegefeuer“.

Norbert Hummelt stellt in Neuss zwei Bücher vor: „Atlas der Erinnerungen“ und „Fegefeuer“.

Foto: Kerstin Nieke

Die Stadt lässt ihn nicht los. In seinen Gedichten und Texten verarbeitet der Lyriker Norbert Hummelt immer wieder Erlebnisse aus Kindheit und Jugend in Neuss. Aber gelesen hat er hier schon lange nicht mehr. Umso größer ist die Freude des in Berlin lebenden Dichters, dass er zum Tag der Poesie (der am 21. März gefeiert wird) am Freitag, 15. März, wieder mal nach Neuss kommt und vor allem, dass er aus seinen Büchern lesen wird. Der Hölty-Preis ist es schuld, denn die Hannoveraner Auszeichnung führte zum Kontakt mit der Neusser Kulturdezernentin Christiane Zangs, die wiederum Hummelts Namen in der Stadtbibliothek und im Stadtarchiv ins Spiel brachte. Die Folgen: eine Lesung in der Stadtbibliothek und ein Essay „Mein Bild von Neuss“ in der „Zeitpunkt“-Reihe der aktuellen Jahrbuch-Ausgabe des Novaesium.

 Die Radierung von Stefan Gesell (um 1925) hängt auch in der Berliner Wohnung von Norbert Hummelt.

Die Radierung von Stefan Gesell (um 1925) hängt auch in der Berliner Wohnung von Norbert Hummelt.

Foto: Sammlung Kunst aus Neuss

Viel Zeit aber hat Hummelt für Neuss nicht. Er reise zwar einen Tag vorher an und auch erst am Samstag wieder ab, erzählt er, aber in beiden Fällen engen andere Termine in Berlin und in Heidelberg den Zeitplan ein. „Leider“, sagt er, „aber ich werde mir die Zeit nehmen und das Grab meiner Eltern auf dem Hauptfriedhof besuchen.“ Denn mittlerweile ist das der einzige Ort in der Stadt, der noch eine konkrete Verbindung zwischen dem Lyriker und seiner Herkunft schafft. Eine seiner beiden Schwestern lebt zwar mit Familie in Büttgen, auch gibt es da immer wieder Besuche, „aber ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich mehr Verbindungen nach Köln als nach Neuss habe“. Dort leben viele Freunde, die Hummelt seit der Zeit kennt, als er von Neuss wegging und in die Domstadt zog.

Doch seine Gedichte und Texte sprechen auch eine andere Sprache. Das wurde schon in dem vor einem Jahr erschienenen Buch „Atlas der Erinnerungen“ deutlich und ist auch in dem Essay für das Jahrbuch nachzulesen. Kindheit und Jugend holt Hummelt immer wieder zurück: „Ich bin sehr dankbar, dass es diesen Speicher gibt“, sagt er, „auch wenn es weniger eine Wiederbegegnung als vielmehr eine Neubegegnung bedeutet“.

Zum Beispiel mit der Wohnung der Großmutter an der Schillerstraße. Bis 2012, bis die dort lebende Tante von ihm starb, gab es noch Besuche. „Als Kind und Jugendlicher gefühlt jeden Sonntag“, sagt er lachend und erzählt, warum die Wohnung so wichtig für ihn war: „Sie war immer da, auch als ich nach Köln ging. Sie war klein und heimelig, mit den vielen Bildern von Neuss, den Kalendern, die nie aktuell gehalten wurden und den vielen Uhren, die falsch gingen.“ Einiges durfte er mitnehmen – zum Beispiel auch eine Radierung von Stefan Gesell von „Neuss, Hafen und Pegel“, die schon in der Wohnung der Oma hing, als er noch nicht geboren war.

Sie macht Hummelt zum Ausgangspunkt seines Essays. 2003 ist das Bild zu einem Gedicht geworden: „neusser radierung“. Die zeitliche Entfernung, so sagt er, empfinde er als fruchtbar für das Schreiben, dieses sei die Verbindung zu den Erinnerungen, „und ich bin froh, dass ich in Gedichten meine Herkunft zurückholen kann“. Das führt sogar bis nach New York, aber immer wieder zurück nach Neuss, in die Hafengegend, wie sie  Gesell um 1925 gesehen hat. Und zu der Entdeckung, dass das Grab des Neusser Künstlers direkt neben dem seiner Eltern liegt. „Ich habe  nach Nachkommen gegoogelt“, sagt er, zwar wenig Erfolg gehabt, aber dennoch die Hoffnung, dass er solche kennenlernt. Vielleicht ja bei seiner Lesung in der Stadtbibliothek.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort