Interview mit Linken-Chefin Kirsten Eickler "Niemand darf bei uns abgehängt werden"

Neuss · Die Linken-Chefin im Kreistag, Kirsten Eickler, sprich im Interview über die Partei-DNA, ihre Pläne und die Chancen von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz.

 Kirsten Eickler (48) arbeitet als freiberufliche Systemtechnikerin.

Kirsten Eickler (48) arbeitet als freiberufliche Systemtechnikerin.

Foto: Lber

Frau Eickler, die Halbzeit der Wahlperiode ist erreicht. Welche Themen wird Die Linke in der zweiten Hälfte bis 2020 noch forcieren?

Kirsten Eickler Stichwort eins: das Gülle-Problem. Wir haben gerade im ländlichen Raum die Verpflichtung, die Nitrat-Belastung abzusenken. Stichwort zwei: das Angebot des Öffentliche Personennahverkehrs muss in der Fläche und für Senioren verbessert werden. Denken Sie an selbstfahrende Systeme und kleinere Busse. Das geht auch bei uns, andernorts wie in Karlsruhe laufen bereits Testversuche. Stichwort drei: die Verkehrslenkung, gerade im Logistikbereich, muss effektiver werden. Hamburg ertüchtigt ein digitales Steuerungssystem, "Smart Harbour" genannt. Das sollten wir uns auch für die Neuss Düsseldorfer Häfen ansehen.

Diese Themen könnte auch jede andere Partei aufrufen. Wo bleibt die DNA der Linken in der operativen Politik des Kreistages?

Eickler Wir sprechen an, was andere nicht, oder nicht so konsequent ansprechen. Letztlich sind Grundwasser-Schutz, attraktive ÖPNV-Angebote und digital gesteuerte Verkehrsentlastung auch soziale Themen, die dem Gemeinwohl dienen und sehr gut unter die Linke-DNA von "Niemand darf bei uns abgehängt" werden passen. Aber ein Beispiel, wie wir soziale Verantwortung verstehen: Schulen dürfen wir nach unserer Überzeugung im Unterricht nicht nur mit iPads von Apple arbeiten, sondern sollten offene Systeme wie Linux favorisieren. Wir sind dagegen, dass sich die öffentliche Hand nur auf einen Produzenten beschränkt. Wir müssen unsere Kinder auch für die digitalisierte Welt offen erziehen.

Überlassen Sie dem SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz nicht das Monopol auf die Gerechtigkeitsdebatte - und das nahezu kampflos?

Eickler Was Martin Schulz Gerechtigkeitsdebatte nennt, ist doch Etikettenschwindel, das ist Wahlkampf-Gelaber. Nehmen Sie seine Vorschläge zum Arbeitslosengeld I. Er will Leute gängeln. Dafür will er Sanktionen einführen. Im Klartext: Martin Schulz und seine SPD wollen Menschen bestrafen, die gerade ihren Job verloren haben. Das ist mit uns nicht zu machen.

Hat Martin Schulz eine reelle Chance, nächster Kanzler zu werden?

Eickler Nein.

Welche Chancen hat denn die Linke bei der Bundestagswahl?

Eickler Wir werden eine starke Opposition sein. Ich persönlich kann mir auch eine wie auch immer geartete Minderheitsregierung vorstellen, die mit wechselnden Mehrheiten zu guten Beschlüssen kommt. Ich finde, dass wäre sehr, sehr demokratisch. Und ehrlich.

Wo wird der Konverter gebaut?

Eickler Am besten wird er nicht gebaut, denn die neue Leitungstrasse ist überflüssig, wenn wir dezentrale Energiequellen nutzen. Aber wir werden den Konverter bekommen. Also müssen wir dafür kämpfen, dass sein Standort möglichst weit von Wohnbebauung entfernt liegt.

(NGZ)
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