Neuss Niedrigwasser belastet Binnenschifffahrt

Neuss · Popko Lamein ist Kapitän des Frachters "Temptation", der regelmäßig Erz aus Rotterdam zu den Neuss-Düsseldorfer Häfen bringt. Durch das Niedrigwasser kann er momentan nur 2000 statt wie gewohnt 6000 Tonnen transportieren.

 Der Niederländer Popko Lamein hat einen so niedrigen Rhein-Pegel zu dieser Jahreszeit bislang selten gesehen.

Der Niederländer Popko Lamein hat einen so niedrigen Rhein-Pegel zu dieser Jahreszeit bislang selten gesehen.

Foto: L. Berns

Die Strecke zwischen Rotterdam und Neuss kennt kaum jemand besser als Popko Lamein. Zumindest die auf dem Wasser. Zwei Mal in der Woche überquert der 43-jährige Niederländer in der Regel die Grenze, eigentlich seit er ein Jugendlicher ist. Popko Lamein ist Binnenschiffer und Kapitän der Temptation, einem 135 mal 17 Meter großen Frachter. Meistens bringt Lamein Erz von Rotterdam zu den Neuss-Düsseldorfer Häfen, manchmal auch Kohle. "Die schiffen wir aber nach Duisburg", sagt er. Mit 6000 Tonnen belädt der Kapitän normalerweise seine Temptation, durch das Niedrigwasser im Rhein darf er im Augenblick aber nur ein Drittel der Ladung nach Deutschland bringen.

Weil die Crew sich wie Lkw-Fahrer an einen strengen Ruheplan zu halten hat, musste Lameins Arbeitgeber weitere Mitarbeiter einstellen und extra Schiffe chartern, die das Erz und die Kohle verschiffen. Vier anstatt zwei Touren werden seit einigen Wochen gefahren. "Die Kosten sind natürlich gestiegen", sagt Lamein, ohne Zahlen nennen zu können. Er schätzt, dass sein Chef eine gewisse Zeit noch überbrücken kann, irgendwann wird aber auch er an seine finanziellen Grenzen stoßen.

Günter Haberland von der Logistikfirma Zietzschmann bezeichnet die Lage als "dramatisch. Wir mussten schon den Transport verlagern", sagt er. Schon seit Oktober sei der Pegel so niedrig, inzwischen habe die Firma auch keine Puffer mehr. Über den Schienenverkehr werden Güter transportiert, "aber da gibt es auch nur begrenzt Kapazität", sagt Haberland. Der Rest würde auf die Straße verlagert, das koste auch. Zumindest gibt es im Bereich des Niederrheins noch den Kleinwasserzuschlag, "wir zahlen im Moment zwischen 30 und 50 Prozent mehr wegen des tiefen Wasserstands", sagt Günter Haberland. Am Oberrhein sehe das anders aus - schlimmer. "Dort bekommt nur der ein Schiff, der am meisten bezahlt."

Einen so niedrigen Pegel zu der Jahreszeit haben Popko Lamein und Günter Haberland selten gesehen. "Und wenn es friert, dann führt der Rhein noch weniger Wasser", betont der Kapitän.

Bis zu einem Minimal-Wasserstand von 50 Zentimetern darf die Temptation noch fahren, danach wird der Betrieb eingestellt. "Wir haben aber auch ein sehr großes Schiff", sagt er. Die übliche Frachtergröße liege bei 110 mal 11,40 Meter. "Die können auch noch bei 20 bis 30 Zentimeter Pegel bei Düsseldorf fahren", sagt Lamein. Immerhin einen Vorteil hat das Niedrigwasser für den Schiffer: Normalerweise braucht er mit einem voll beladenen Frachter 30 Stunden von Rotterdam nach Neuss zum Hafen, durch das geringere Gewicht sind es 25 Stunden. Wir verbrauchen weniger Sprit, sind schneller beim Abladen", sagt Lamein. Einen Teil der eingesparten Zeit verliert die Crew dann aber gleich wieder auf dem Rückweg: Durch das Niedrigwasser ist die Geschwindigkeit der Strömung geringer. "Wir brauchen zurück sicher zwei Stunden länger als sonst", sagt der Kapitän.

(NGZ)
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