Neuss Neusser Werkstatt soll Vorbild für Ghana sein

Neuss · Der Ghanaer Reverend Frank Lartey Jr. besuchte die Gemeinnützigen Werkstätten Neuss. Dort lernte er das deutsche Recycling kennen.

 Frank Lartey (r.) besuchte die Gemeinnützigen Werkstätten Neuss. Winfried Krull (2. v.r.) erklärte ihm das deutsche Recycling-Prinzip.

Frank Lartey (r.) besuchte die Gemeinnützigen Werkstätten Neuss. Winfried Krull (2. v.r.) erklärte ihm das deutsche Recycling-Prinzip.

Foto: Andreas Woitschützke

Brennende Müllberge aus Elektroschrott, auf denen Kinder nach Wertstoffen suchen. Diese erschütternden Bilder stammen aus Agbogbloshie, einem Stadtteil der Millionenmetropole Accra in Ghana. Die dortige Elektromülldeponie erlangte negativen Ruhm, als die Fotos von offenen Feuern und nach Eisen, Aluminium und Kupfer suchenden Jugendlichen um die Welt gingen.

Der Ghanaer Reverend Frank Lartey Jr. möchte diese Zustände ändern. Deshalb war der Direktor für Bildung bei der National Youth Authority in Accra zu Besuch in der Betriebsstätte der Gemeinnützigen Werkstätten Neuss (GWN). "40.000 Menschen leben auf der Elektromülldeponie", erzählt Lartey. "6000 Kinder arbeiten dort - ohne Mundschutz. Da die Wertstoffe unsachgemäß getrennt werden, entstehen hochgiftige Dämpfe, denen sie ausgesetzt sind."

Winfried Krull, Betriebsleiter der GWN, erklärte ihm das deutsche Recycling-Prinzip: "Bei uns werden elektronische Altgeräte von Hand auseinandergebaut. 70 Prozent gelangen als Rohmaterial wieder auf den Wertstoffmarkt, 30 Prozent werden als Beimischung verbrannt, um Hitze und Strom zu erzeugen."

In den Betriebsstätten der GWN werden pro Jahr etwa 200 bis 250 Tonnen auf diese Weise wiederverwertet. "So können wirtschaftlich interessante Teile besser weiter genutzt werden als es bei Großschreddern der Fall ist", sagt Krull. Die Teile werden im nächsten Schritt zu spezialisierten Recycling-Unternehmen transportiert. "90 Prozent des Elektromülls in Deutschland landen aber in Großschredderanlagen", erklärt er. Wieso die GWN zu den übrigen zehn Prozent gehöre, fragt der Gast aus Ghana. "Wir fördern soziale Arbeitsplätze und legen Wert auf Inklusion, nicht der Profit steht für uns im Fokus", so Krull.

Obwohl es gesetzlich vorgeschrieben ist, elektronische Altgeräte fachgerecht zu entsorgen, werden viele illegal in afrikanische Länder eingeführt. Die Dunkelziffer ist hoch, von bis zu 70 Prozent des europäischen Elektromülls ist die Rede. "Die größte Herausforderung ist, dass die Geräte überhaupt bei uns landen", so der Betriebsleiter. "Viele Firmen und Personen haben ein Interesse daran, damit Geld zu machen." Dabei müssen Unternehmen einen Nachweis über die fachgerechte Entsorgung von Elektronik erbringen. Kontrolliert werde das allerdings nicht so streng. Bezahlt wird die GWN von Elektronikherstellern für das Sammeln und Zerlegen der Teile, Privatpersonen bezahlen bei der Anschaffung eines Geräts die Entsorgungskosten automatisch im Preis mit.

2013 wurde Agbogbloshie von der Umweltorganisation Blacksmith Institute zu einem der am stärksten verschmutzten Orte der Welt gewählt. "Gifte wie Quecksilber sind in den Boden gesickert, das Grundwasser und die nahegelegene Korle-Lagune sind verseucht. Außerdem gibt es eine hohe Kriminalität", berichtet Frank Lartey. Interessiert geht er durch die Werkstatt und macht Fotos. "Wir wollen uns an Deutschland ein Beispiel nehmen. Unser Ziel ist Recycling", sagt er.

(mba)
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