Neuss Neusser jagt "Gottesteilchen"

Neuss · Weltweit geraten tausende Wissenschaftler in Euphorie: Das Higgs-Teilchen als fehlende Klammer zur Erklärung des Aufbaus der Welt scheint entdeckt. Der Neusser Physiker Michael Spira gehört zum globalen Forschernetz.

 Michael Spira (r.) gehört zum Forscherteam, das mit dem Teilchenbeschleuniger am Genfer Cern (o.) am Higgs-Phänomen (l.) arbeitet.

Michael Spira (r.) gehört zum Forscherteam, das mit dem Teilchenbeschleuniger am Genfer Cern (o.) am Higgs-Phänomen (l.) arbeitet.

Foto: Privat, dpa (2)

Michael Spira ist so alt wie die Suche nach dem Higgs-Teilchen: 48 Jahre. Seit Mittwoch gehen Wissenschaftler weltweit davon aus, dass sie mit ihrem Sensationsfund am Cern in Genf die fehlende Klammer zur Erklärung des Aufbaus der Welt entdeckt haben.

"Der heutige Tag ist einer der ganz großen in unserem Forschungsgebiet", sagt Dr. Michael Spira (48), der aus Neuss stammt, Quirinus-Abiturient ist und seit 23 Jahren in der Higgs-Physik forscht: "Fakt ist, dass wir etwas Neues entdeckt haben. Wir wissen aber nicht mit Sicherheit, was wir entdeckt haben." Wahrscheinlich handelt es sich um das Higgs-Teilchen, auch "Gottesteilchen" genannt, vielleicht aber auch um ein verwandtes Teilchen.

Zehntausende Physiker beteiligen sich weltweit an der Suche nach dem Higgs-Teilchen; 6000 allein am Cern. In Genf steht der Teilchenbeschleuniger, der mit 27 Kilometer Länge das größte Experiment der Menschheit ist. Die dort gewonnenen Ergebnisse werden von einem Heer von Theoretikern durchgerechnet, die wiederum den Experimenteuren neue Berechnungen für ihre Arbeit an die Hand geben. Einer dieser Theoretiker ist Michael Spira.

"Wir haben eine beratende Funktion", sagt Michael Spira, der seit dem Jahr 2000 in Diensten des schweizerischen Paul-Scherrer-Institutes (PSI) steht. 60 Mitarbeiter des öffentlichen Forschungsinstitutes sind seit Anfang 2010 in eine vom Cern gebildete Projektgruppe eingebunden, um die theoretischen Vorhersagen für die experimentellen Analysen bereitzustellen. In dem globalen Forschernetzwerk leitet Michael Spira zwei Arbeitsgruppen.

Ins Rheinland pflegt Michael Spira, der heute im Südschwarzwald wohnt, nur noch wenige Kontakte: "Ab und an meldet sich ein ehemaliger Klassenkamerad." Spira gehört dem Abiturjahrgang 1984 an; sein Elternhaus steht an der Kaiser-Friedrich-Straße. Er stammt aus einer namhaften Sportlerfamilie. Seine inzwischen verstorbenen Eltern Marlene und Jürgen hatten sich als Läufer ebenso der Langstrecke verschrieben wie seine Brüder Johnny und Bernd.

Michael selbst war Deutscher Hochschulmeister und kann sich mit seinen Bestzeiten über 1500 Meter (3:52 Minuten) und 5000 Meter (14:39 Minuten) heute noch sehen lassen. Spira studierte Physik in Aachen und kam über seinen Doktor-Vater zur Higgs-Forschung: "Der hat mich 1989 auf das Thema angesetzt." Es folgten Stationen bei Desy und der Universität Hamburg, am Cern in Genf, wieder Hamburg, ehe er sich schließlich vor zwölf Jahren am PSI wiederfand, wo er Teil des weltweiten Higgs-Erfolges wurde.

(NGZ/rl)
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