Neuss Neusser Hilfe für verschnupfte Nasen

Neuss · Das schwedische Unternehmen SCA ist Weltmarktführer im Bereich der Hygiene-Papierproduktion. Fast alle Taschentücher der Marke Tempo, die im deutschsprachigen Raum verkauft werden, stammen aus dem Werk in Neuss.

 Mitarbeiter Gregor Fiebig kontrolliert am Fließband Tempo-Taschentücher. Ungefähr 20 Milliarden Taschentüchern werden pro Jahr in dem Werk an der Floßhafenstraße produziert.

Mitarbeiter Gregor Fiebig kontrolliert am Fließband Tempo-Taschentücher. Ungefähr 20 Milliarden Taschentüchern werden pro Jahr in dem Werk an der Floßhafenstraße produziert.

Foto: Woitschützke

Die Arbeit der Maschinen im Bereich Weiterverarbeitung ist mit bloßem Auge kaum zu verfolgen. Besprühen, schneiden, falten, sortieren, verpacken, noch mal verpacken. Und das mit einer Geschwindigkeit von mehreren 100 Päckchen pro Minute. Unzählige Packungen Tempo-Taschentücher auf dem Fließband. Vor den Maschinen stehen riesige Mutterrollen mit den noch nicht weiterverarbeiteten Taschentüchern. Ausgerollt ist das eine Tuch 70 Kilometer lang. In der jetzigen Heuschnupfen-Zeit sicher ein angenehmes Hilfsmittel.

Das schwedische Unternehmen Svenska Cellulosa Aktiebolaget (SCA) ist Weltmarktführer im Bereich der Inkontinenz- und Hygiene-Papierprodukte. Im Neusser Werk an der Floßhafenstraße werden Taschentücher und Toilettenpapier gefertigt. Die jährliche Produktion dort liegt bei ungefähr 20 Milliarden Taschentüchern pro Jahr. Eines der Aushängeschilder des Unternehmens ist die Marke Tempo. Fast alle Tempo-Taschentücher, die im deutschsprachigen Raum verwendet werden, haben ihren Ursprung in der Quirinusstadt. Insgesamt produziert das Neusser Werk jährlich 105 000 Tonnen Hygienepapier. Auch Produkte der Marke Zewa werden hergestellt.

"Unser erklärtes Ziel ist es, unsere führende Marktposition beizubehalten", sagt Bernd Bichbeimer, Werksleiter und Technischer Geschäftsführer bei SCA in Neuss. Geplant sei zudem, auch in Ländern wie China und Indien die Marktführerschaft zu erlangen oder zumindest im vorderen Bereich mitzuspielen. Dass SCA mitunter primär auf Tempo reduziert wird, stört Bichbeimer. Er betont: "Wir sind viel mehr als das." Man wolle als Hersteller von Hygieneprodukten wahrgenommen werden. Weltweit arbeiten 44 000 Beschäftigte für den schwedischen Konzern, in Deutschland 3500. In Neuss sind es knapp 420, darunter 23 Auszubildende. Unter anderem in Mainz, Mannheim, Ismaning und Kassel verfügt SCA über (weitere) Verwaltungs- und Produktionsstandorte. Die SCA-Produkte werden in 100 Ländern vertrieben. Europa macht dabei 65 Prozent des Absatzes aus. Der größte Umsatz, insgesamt 54 Prozent, wird mit Hygienepapieren für Endverbraucher und gewerbliche Kunden erzielt, gefolgt von Körperpflegeprodukten. Die Neusser sind für drei Bereiche zuständig: die Erzeugung, die Weiterverarbeitung, die Lagerung. Es stehen zwei Papiermaschinen für insgesamt 14 Verarbeitungslinien zur Verfügung. Die Lagerkapazität beträgt 15 000 Paletten im Innen- sowie 10 800 Paletten im Außenbereich.

Das Werk an der Floßhafenstraße wurde 1960 von den Vereinigten Papierwerken Schickedanz gebaut. Zwei Jahre später startete dort dann die erste Papiermaschine, 1972 wiederum die zweite. 1994 übernahm der US-Konsumgüterkonzern Procter & Gamble das Werk. Seit 2007 gehört der Standort nun zu SCA.

In der Produktionshalle in Neuss ist es nicht nur sehr laut, sondern auch tropisch-warm, die Luftfeuchtigkeit hoch. Die Papierproduktion benötigt große Mengen Wasser und Dampf. Je näher man der Produktionsmaschine kommt, desto schwerer fällt das Atmen.

Die Maschine ähnelt einem Mehrfamilienhaus: 70 Meter lang, mehrere Etagen, 15 Meter hoch. Und von dem "Haus" geht eine Menge Hitze aus. 450 bis 500 Grad warme Luft wird auf das zuvor gefertigte Papier geblasen, um - unterstützt durch Pressen - das Wasser zu entfernen. Unterhalb der Maschine bildet sich ein kleiner See. Das überschüssige Wasser wird schließlich abgepumpt und wiederverwendet. Die Maschine ist mit einem feinen, weißen Staubfilm bedeckt - kleine Papierreste.

In Neuss produzieren die Mitarbeiter 24 Stunden täglich in vier Schichten. Einzig zu Wartungszwecken laufen die Maschinen oder zumindest einzelne Komponenten nicht. Sind die beiden Papiermaschinen vollständig abgekühlt, dauert es einen halben bis ganzen Tag, sie wieder in einen betriebsbereiten Zustand zu bringen. "Ein langfristiger Stromausfall wäre verheerend",erklärt Werksleiter Bernd Bichbeimer. SCA setzt sich für nachhaltige Produktionsprozesse ein und wurde für diesen Einsatz bereits mehrfach ausgezeichnet. Unter anderem verwendet das Unternehmen ausschließlich zertifiziertes Holz, eine moderne Wärmerückgewinnungsanlage sowie eine werkseigene Kläranlage. Man versuche fortlaufend, Kohlendioxid abzubauen und Logistikprozesse zu optimieren, sagt Bichbeimer.

(NGZ)
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