Neuss Neusser Band rockt für UN-Soldaten in Mali

Neuss · Feldlager in Mali gehören zu den gefährlichsten Standorten weltweit. Für drei Konzerte reiste Andy Kallenbach mit Band nach Westafrika. Truppenbetreuung für Blauhelme. Zwölf Stunden nach Abflug gab's einen Selbstmord-Anschlag.

 Wo Andreas "Andy" Kallenbach in Mali auch Station machte, er war sofort von Einheimischen umringt und wurde bestaunt.

Wo Andreas "Andy" Kallenbach in Mali auch Station machte, er war sofort von Einheimischen umringt und wurde bestaunt.

Foto: Fotos (2); A. Kallenbach

Als Andreas "Andy" Kallenbach (40) am Mittwochmorgen in Düsseldorf aus dem Flugzeug kletterte, sein Mobil einschaltete, schockte ihn die erste Nachricht, die er las: Selbstmordanschlag auf das UN-Camp nahe dem nordmalischen Gao. Drei tote Zivilisten, neun schwer verletzte UN-Soldaten. Dem Neusser Rockgitarristen fehlen immer noch Worte, um seine Gefühle zu beschreiben: Als ihn die Nachricht von Terror und Tod erreichte, war es keine Woche her, dass er in Gao mit seiner Band Johnny and the Hot Rods ein Konzert gegeben hatte; zwölf Stunden zuvor hatte er mit einer Air-France-Maschine die malische Hauptstadt Bamako via Paris verlassen. "In Gao hatten wir alle ein mulmiges Gefühl", sagt Kallenbach, "der Anspannung konnte sich keiner entziehen. Das war belastend."

Zur Truppenbetreuung für ihre im Ausland stationierten Soldaten verpflichtet auch die Bundeswehr immer wieder Künstler. Kallenbach, der in Grimlinghausen aufgewachsen ist, wurde erstmals 2012 verpflichtet. Damals war Afghanistan das Ziel. Auch ein unsicherer Ort. "Es liegt in der Natur der Sache", sagt Kallenbach, "dass unsere Soldaten dort im Einsatz sind, wo es ungemütlich ist, wo Menschen Krieg und Krisen meistern müssen." Er zögerte jedenfalls nicht, als ihn nun eine Anfrage zu Konzerten in Mali erreichte: "Wir können unsere Jungs doch nicht im Stich lassen."

Mit Andreas Kallenbach reisten Thilo Hornschild (Gitarre), Pierce Caractacus Black (Kontrabass), Martin Hombach (Schlagzeug) und die Technikerin Nicola Schmutzler ins von Terror und Bürgerkrieg geschüttelte Mali. Sie trafen auf Hitze, Staub, Dreck und Armut. Die drei Konzerte nach Einbruch der Dunkelheit fanden in den Camps Gao, Kolikouro und Bamako statt. "Nur disziplinierte Beleuchtung war erlaubt", sagt Kallenbach, "das heißt, es gab wenig Licht, aber mächtig viel Stimmung bei den Jungs." Die Jungs, das waren bis zu 400 Soldaten aus vielen Nationen. Deutsche, Iren, Schweden, Österreicher - sie alle sind Teil der großen UN-Stabilisierungsmission für das labile Land.

 Auftritt bei "disziplinierter Beleuchtung". Die Band Johnny and the Hot Rods gab drei Konzerte im krisengeschüttelten Mali. Das Publikum: ausnahmslos UN-Soldaten.

Auftritt bei "disziplinierter Beleuchtung". Die Band Johnny and the Hot Rods gab drei Konzerte im krisengeschüttelten Mali. Das Publikum: ausnahmslos UN-Soldaten.

Foto: Andreas Kallenbach

Ihre ungewöhnliche Konzertreise absolvieren Andreas Kallenbach & Co. ehrenamtlich. "Es gibt keine Kohle", sagt der Bandleader, "aber uns entstehen auch keine Kosten." Er tue das gern. Dank und Begeisterung der Soldaten seien ein schöner Lohn. Die Einheimischen seien arm, aber sehr, sehr gastfreundlich. Das habe er auf Ausflügen ins Land gespürt. Wo der Konvoi stoppte, war er sofort von Menschen umringt. Erst kamen die Kinder, dann folgten die Erwachsenen. Oft spielte und sang Kallenbach spontan und sein Publikum machte tanzend und lachend mit. "Die Sprache der Musik versteht jeder", sagt Kallenbach.

(-lue)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort