Neuss Neuss will Einwohnerzahl stabil halten

Neuss · Das Land NRW wird bis 2050 zwei Millionen Einwohner verlieren. Gegen den Trend sucht die Stadt Neuss Wege, um nicht zu schrumpfen. Eine Kommission hat nun Handlungsempfehlungen gegen den demografischen Wandel vorgelegt.

Bürgermeister Herbert Nap formuliert, was er unter demografischen Wandel versteht, seit Jahren so: "Wir werden weniger, älter, bunter." Was das aber in konkreten Zahlen heißt, welche Folgen dieser Wandel in der Gesellschaft hat und — besonders wichtig — mit welchen Maßnahmen (Kommunal-)Politik darauf reagieren muss, blieb bislang unscharf. Jetzt liegt eine erste Analyse vor. Erarbeitet wurde sie von einer interfraktionellen Enquetekommission unter dem Vorsitz des früheren Neusser Beigeordneten Wilfried Kruse (FDP), in der auch externe Experten mitwirken. Das 120-Seiten-Papier, das jetzt dem Stadtrat vorgelegt wurde, ist das "einstimmige Votum der Kommission".

Kernaussage der Expertenrunde: Das Primärziel der Stadt Neuss ist es, dass die Zahl von aktuell 150 000 Einwohnern stabil bleibt: "Weil dies den weitest gehenden Erhalt und die Finanzierung der gegenwärtigen Infrastruktur ermöglicht." Die Stadt könne dieses Ziel erreichen, obwohl das Land Nordrhein-Westfalen bis zum Jahr 2050 zwei Millionen Einwohner verliere, wenn Neuss "eine Neuorientierung in der Siedlungs- und Flächenpolitik und der Haushalts- und Finanzpolitik vornimmt und den Weg einer familienfreundlichen, sozialen Großstadt geht."

Gelinge dieser Schritt in die Zukunft nicht, müsse sich die Stadt Neuss mit einem schmerzhaften Schrumpfungsszenario und dem "Rückbau nach Plan" auseinandersetzen, "das mit erheblichen Verteilungskonflikten und deutlich steigenden Kosten für die kommunale Infrastruktur verbunden ist."

Mit dem Auftrag an die Enquetekommission brachte der Stadtrat zum Ausdruck, so erinnerte Hartmut Rohmer (SPD) jetzt noch einmal, dass er sich des gesellschaftlichen Wandels bewusst ist. Der nun vorliegende Demografiebericht sei keine Handlungsrichtlinie, gleichwohl müssten nun erste Entscheidungen zum Aufbau organisatorischer Maßnahmen diskutiert und beschlossen werden, die dann auch mit Personal auszustatten seien. Schon in der nächsten Sitzung des Stadtrates am 12. Oktober steht genau das auf der Tagesordnung, doch machte Ingrid Schäfer (CDU) schon deutlich: "Wir werden Wert auf die Ernennung eines Demografiebeauftragten legen." Die Stadtverordneten Rohmer und Schäfer gehören der Kommission an.

Vize-Bürgermeister Thomas Nickel (CDU) fordert bei der Umsetzung der Kommissionserkenntnisse pragmatisch vorzugehen: "Wenn wir heute benötigte Kindergärten bauen, müssen wir sie so planen, dass wir die Gebäude später, wenn weniger Kinder da sind, auch anderswertig nutzen können." Das gelte auch für Sportstätten-Projekte. Auch die sozialpolitische Sprecherin der Grünen-Ratsfraktion, Susanne Benary-Höck, argumentiert in diesem Tenor: "Bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum muss schneller gehandelt werden, die Ergebnisse der Enquetekommission dürfen nicht in der Schublade verschwinden."

Erste Kritik kommt vom Erfttaler Werner Schell, Vorstand des Selbsthilfenetzwerkes "Pro Pflege". Er sei vom Papier "mehr als enttäuscht", weil "es kaum Aussagen über die gebotenen Hilfen und Unterstützungsnotwendigkeiten für die älter werdende Gesellschaft gibt." Das Thema werde leider nur gestreift.

(NGZ)
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