Stabsstelle Fördermittelmanagement Was Land und Bund in Neuss fördern

Neuss · Zu wenig abgerufen? Zu viel Geld liegen gelassen? Um den Umgang mit Fördergeld, nach dem eine Stabsstelle systematisch sucht, ist Streit entstanden.

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Das fördern Land und Bund in Neuss

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Die Stadt will drei Stadtteilkümmerer beschäftigen und in Zusammenarbeit mit den Sozialverbänden SKM, SkF, Awo und Diakonie in Weckhoven, Erfttal und in der Nordstadt einsetzen. Das Projekt steht und fällt aber mit einer Förderzusage des Landes, das dafür 237.600 Euro aus dem Fonds „Zusammen im Quartier – Kinder stärken, Zukunft sichern“ überweisen soll. Das entspricht 90 Prozent der Gesamtkosten. Der Förderbescheid wird im November erwartet. Er ist ein Beispiel dafür, wie sich Kommunen mit Hilfe von Bund, Land und EU Gestaltungsfreiräume erarbeiten können. Dieses System ist zum Politikum geworden. Auch in Neuss.

Ein Anstoß dazu kam jetzt von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der in einem Interview mit der Rheinischen Post die Kommunen dafür getadelt hat, dass sie Milliardenbeträge für Klimaschutz, bessere Schulen, neue Straßen oder sozialen Wohnungsbau nicht abrufen. Als Gründe nennt Scholz fehlende Verwaltungskapazitäten oder vielleicht zu komplizierte Antragsverfahren. Manche Kommunen können aber auch schlicht ihren Eigenanteil zur Finanzierung nicht (mehr) aufbringen, ergänzt der Neusser Beigeordnete Frank Gensler. CDU-Bürgermeisterkandidat Jan-Philipp Büchler haut in die gleiche Kerbe. Bei einem Besuch in der Staatskanzlei verband er den Dank an Ministerpräsident Armin Laschet für eine kommunalfreundliche Landespolitik mit dem Vorwurf an die Neusser Verwaltungsspitze um Bürgermeister Reiner Breuer (SPD), viele dieser Möglichkeiten ungenutzt zu lassen – „insbesondere die Chancen, Fördermittel des Landes für Neuss einzuwerben“. Beides hält näherer Überprüfung nicht stand.

Die Äußerungen des Bundesministers wertet Gensler als Versuch eines Gegenangriffs. Denn weil aktuell über die Entschuldung vieler Kommunen mit Hilfe des Bundes diskutiert wird, will der Minister nach Ansicht Genslers suggerieren, „dass die Städte zu bequem sind“– und es ihnen so schlecht ja nicht gehen kann. Tatsächlich sei es oft so, dass gerade Bundesprogramme schnell ausgebucht seien und sich die Stadt auch deshalb eine Bewerbung gut überlege. Denn jeder Antrag koste Geld – etwa wenn eine Machbarkeitsstudie mit vorgelegt werden muss. In Neuss, fasst Gensler zusammen, sei noch kein sinnvolles Projekt am Geld gescheitert. Und der Kämmerer ergänzt: „Geld liegen zu lassen, entspricht nicht meiner geistigen Grundhaltung.“

Damit der Stadt kein Euro durch die Lappen geht, wurde im April 2017 die Stabsstelle Fördermittelmanagement“ eingerichtet und mit Ingeborg Begalke besetzt. Sie soll sämtliche Fördermittelprogramme daraufhin untersuchen, ob sich Mittel für Aufgaben der Stadt Neuss gewinnen lassen. Das, sagt Gensler, geschehe mit gutem Erfolg. Heute gehe kein Hinweis auf ein Förderprogramm ein ohne dass nicht in kürzester Zeit das jeweilige Dezernat davon Kenntnis bekommt.

Die Berichte der Stabsstelle nennt Thomas Kaumanns (CDU) trotzdem ernüchternd. Während Neuss aktuell bei den Fördermitteln für Radverkehr nur 3000 Euro erhalten hat, hätten andere Kommunen „richtig viel Geld bezogen“, nennt er ein Beispiel. Und auch bei den Förderprojekten zur Stadtteilerneuerung bleibe „viel Geld liegen“. Dem widerspricht Gensler deutlich: „Allein das Projekt Hafenkopf wurde zu 80 Prozent mit Fördergeldern bezahlt.“

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