Schäden nach Hochwasser So schätzen Versicherer die Gefährdung in Neuss ein

Neuss · Die normale Hausrats- und Gebäudeversicherung reicht im Falle einer Sturmflut nicht aus. Ein spezielles System des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft teilt Häuser in verschiedene Gefährdungsstufen ein. Danach wird die Versicherung berechnet. Diese Stufen gibt es in Neuss.

 Auch Häuser im Bereich der Erft sind in Neuss laut Versicherern hoch oder mittelstark gefährdet.

Auch Häuser im Bereich der Erft sind in Neuss laut Versicherern hoch oder mittelstark gefährdet.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Die durch das Jahrhunderthochwasser verursachten Schäden bedrohen die Existenz vieler Menschen. Während die Wiederaufbauarbeiten in vollem Gange sind, stellt sich die Frage, ob die Versicherungen für die Zerstörungen aufkommen. Denn die normale Hausrats- und Gebäudeversicherungen greifen normalerweise nicht. „Wir empfehlen unseren Kunden deshalb in der Regel eine Elementarschadenversicherung abzuschließen“, sagt der Geschäftsführer des Neusser Versicherungsmaklers Remy und Nauen, Philipp Mehdorn.

Die schützt vor Überschwemmungen, Rückstau, Erdbeben und Schneedruck. Bundesweit haben aber weniger als die Hälfte der Versicherten eine solche Zusatzversicherung abgeschlossen. „Auch in Neuss sind es in unseren Augen viel zu wenig“, so Mehdorn. Ein Grund dafür könnte der Preis sein. „Der ist häufig so hoch, dass er kaum noch praktikabel erscheint“, sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW. Denn je nachdem ob die zu versichernde Person in einem von Hochwasser gefährdeten Gebiet lebt oder nicht, steige der Preis.

In einem Gebiet mit der höchsten Gefährdungsstufe können Versicherer eine Elementarschadenvesicherung ablehnen. Die deutschen Versicherer haben dafür ein „Zonie­rungs­sys­tem für Über­schwem­mungs­ri­siko und Ein­schät­zung von Umwelt­ri­si­ken“ (ZÜRS) entwickelt. Demnach gibt es vier Gefährdungsklassen für Überschwemmungen.

Von keiner Gefährdung (Stufe eins) zu einer hohen Gefährdungslage mit statistisch mindestens einem Hochwasser in zehn Jahren (Stufe vier). Die Mehrheit der Neusser Häuser ist laut ZÜRS aktuell nicht oder nur in geringem Maße gefährdet. „Allerdings war das auch bei vielen von der Flut betroffenen Häusern der Fall“, sagt Mehdorn. Er vermutet, dass dort viele Besitzer eine Elementarschadenversicherung bekommen hätten.

Nur eine Neusser Adresse im ZÜRS ist aktuell in die vierte Stufe eingeordnet. 50 sind in der dritten Gefährdungsstufe, also in Bereichen in denen alle 10 bis 100 Jahre ein Mal mit einem Hochwasser zu rechnen ist. Eine Häufung dieser Stufe drei ist am Norfbach und an der Erft zu beobachten, insbesondere dort, wo sie in den Rhein mündet.

25.887 Häuser sollten keine Probleme haben, die Zusatzversicherung zu bekommen, sie liegen im Bereich der ersten Stufe. 7050 Häuser sind aktuell in Stufe zwei eingeordnet. In dieser Stufe gibt es auch Objekte, die eigentlich in Stufe drei wären, aber durch einen Deich geschützt werden. „Die Einordnung kann also auch eine trügerische Sicherheit transportieren“, erklärt Artur Kubik von der VdS Schadenverhütung, einer Tochter des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Die jüngsten Hochwasser könnten außerdem Einfluss auf die Einordnung in die verschiedenen Stufen haben. Allerdings sind dafür nicht Einzelereignisse entscheidend, sondern eine Beobachtung über einen längeren Zeitraum. „Trotzdem kann sich die Einschätzung in bestimmten Gebieten verschieben“, sagt Weidenbach von der Verbraucherzentrale. Sie vermutet, dass Beiträge steigen könnten, je nachdem wie sehr die Versicherungen beim Hochwasser beansprucht werden.

Keine Zusatzversicherung brauchen Betroffene derweil beim Auto. Dort reicht eine Teil- oder Vollkaskoversicherung auch bei Schäden durch Sturmfluten und Überschwemmungen aus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort