Engagement in Neuss So sportlich kann Inklusion sein

Neuss · Zwei Neusser Tennisvereine haben sich bereits vor Jahren für Menschen mit Behinderung geöffnet.

 Dieses Foto wurde bei einem integrativen Tennisturnier auf der Anlage von Grün-Weiss Neuss aufgenommen.

Dieses Foto wurde bei einem integrativen Tennisturnier auf der Anlage von Grün-Weiss Neuss aufgenommen.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Von Spenden-Empfängern zu Doppel-Partnern zu selbstverständlichen Vereinskameraden – es hat sich viel getan im Verhältnis des Neusser Tennissports zu Menschen mit Behinderung. Deutlich wird dies am Benefiz-Turnier, das der NTC Stadtwald im September zum 29. Mal auf seiner Anlage ausgerichtet hat. Dort traten 50 Tennisspieler im Unified-Doppel – jeweils ein Mensch mit geistiger Behinderung – in 20-minütigen Spielen gegeneinander an. Tombola, gemütliches Grillen und viel Spaß inklusive. Das stolze Ergebnis: 2000 Euro, die diesmal der Lebenshilfe zugute kamen. Ihren Anfang hat diese Traditions-Veranstaltung kurz nach der Gründung des Clubs 1980 genommen: „An den ersten zwei oder drei Benefiz-Turnieren nahmen unsere Tennisspieler und deren Freunde teil. Nachdem es zwischendurch eingeschlafen war, griff Hermann Müller die Idee Ende der 1980er Jahre wieder auf“, sagt der Vorsitzende Wolfgang Mußmann. Die entscheidende Änderung: Es wurde nicht länger nur für Menschen mit Behinderung gespielt, sondern vor allem mit ihnen.

Von da war der Weg zum regulären Vereinsmitglied mit allen Rechten und (fast) allen Pflichten und damit zu echter Teilhabe nicht mehr weit. So zahlen die Tennisspieler mit Handicap den geringeren Mitgliedsbeitrag für Passive, sind aber aktiv dabei, wenn es etwa um die Aufräumarbeiten zu Beginn und am Ende der Freiluft-Saison geht. Inzwischen haben sich die ein Dutzend Clubmitglieder mit geistiger Behinderung zu den „Unified-Fighters“ zusammengetan, einer Gruppe mit eigener Fahne sowie Fanclub und vollem Vereinsanschluss, wie Mußmann betont. Sportlich müssen sich die teils recht ehrgeizigen Unified-Fighters ohnehin nicht verstecken. „Natürlich spielt der Grad der Beeinträchtigung eine Rolle, aber da ist so mancher Tennisspieler dabei, gegen den ich Mühe hätte zu bestehen“, versichert Mußmann, der den gelben Filzball seit fast 40 Jahren schlägt.

Kameradschaftlich geht es auch auf der Tennisanlage des TC Grün-Weiss Neuss am Jean-Püllen-Weg zu: „Wenn sich unsere Spieler auf dem Platz treffen, wird gequatscht und gescherzt – da spielt es keine Rolle, ob jemand eine Behinderung hat oder nicht“, erzählt der Inklusionsbeauftragte Helmut Kloubertz. Er war Vorsitzender des Clubs, als der sich 2005 für eine Mitgliedschaft von Menschen mit geistiger Behinderung öffnete. „Als dies auf der  Jahreshauptversammlung beschlossen wurde, gab es nicht eine negative Stimme“, sagt er. Rund 400 Mitglieder zählt der Verein aktuell, mehr als 20 davon sind Menschen mit geistiger Behinderung, die völlig selbstverständlich am sportlichen und gesellschaftlichen Jahresprogramm teilnehmen: Training und Turniere, Rudelgucken bei der Fußball-WM oder  Weihnachtsfeier. Ihnen stehen gleich zwei Trainer zur Seite, die speziell für den Reha-Sport qualifiziert sind. Und ebenso wie der NTC Stadtwald entsendet auch der TC Grün-Weiss seine Clubmitglieder zu Turnieren von Special Olympics Deutschland (SOD), die beide Neusser Vereine übrigens schon selbst ausgerichtet haben.

Damit sind die Neusser Tennisclubs vielen Vereinen bundesweit ein gutes Stück voraus. Denn gerade im Tennissport ist die Teilhabe von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung erst seit wenigen Jahren ein Thema, wie Helmut Kloubertz berichtet. Darum möchte er anderen Vereinen Mut machen. Denn Vereine, findet er, „bieten die beste Gelegenheit für eine Teilhabe von Menschen mit Behinderung, sie können Inklusion viel schneller und unkomplizierter umsetzen als beispielsweise Schulen und andere Einrichtungen“.

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