Stadtbibliotek Neuss Bibliothek der Dinge: Kostenlos leihen statt teuer kaufen
Neuss · Aus der Neusser Stadtbibliothek ist am Samstag auch eine Bibliothek der Dinge geworden. Neben Medien können ab sofort auch ganz andere Dinge ausgeliehen werden – Dinge, die man nur ein einziges Mal oder sehr selten braucht, und nun kostenlos ausleihen kann.
Michael Hohlmann gehörte am Samstag zu den allerersten Besuchern in der Bibliothek der Dinge. Und gerade hatte die Leiterin der Stadtbibliothek, Claudia Büchel, das Band vor den neuen Regalen, die die Leih-Bar bilden, mit einer Schere zerschnitten, da kam auch schon seine Frage: „Haben Sie einen „Gartenspecht“?“ Die Antwort hatte er erwartet, sie lautete nein. Der „Gartenspecht“ ist ein selten anzutreffendes Werkzeug, mit dem man, vereinfacht ausgedrückt, den Rasen auflockern, lüften kann.
Beate Pricking, stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins der Neusser Stadtbibliothek, war voll des Lobes: „Ich finde, das ist eine konsequente Weiterentwicklung des bisherigen Angebots, eine gute Sache, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit.“ Die Kardiermaschine fehlte im Regal, obwohl sie noch nicht ausgeliehen wurde. Sie wird anderswo aufbewahrt, weil sich Kinder an ihr verletzen könnten. Man braucht sie, wenn es darum geht, Wolle zu spinnen und zu filzen.
Insgesamt gilt: Werkzeug, dass man nur gelegentlich braucht, leiht man besser, als es zu kaufen. Birgit Wolf-Bartz, Mitarbeiterin der Stadtbibliothek, war so etwas wie die „Geburtshelferin“ der Leih-Bar. Sie erklärte, wie das mit dem Ausleihen funktioniert und welche Voraussetzungen vorliegen müssen. Die „Neuss Agenda 21“ war nicht ohne Grund bei der Eröffnung der Leih-Bar dabei: Sprecherin Christine Vogel erklärte dazu folgendes: „Wir sind vor zwei Jahren an die Stadtbibliothek herangetreten. Eigentlich wollten wir einen eigenen Leih-Laden aufmachen. Aber wir haben keine geeignete Immobilie gefunden und in der Stadtbibliothek ist noch Platz.“
Und sie hat gute Erfahrungen mit der Bibliothek gemacht: „Zu unseren Kursen stellt sie uns immer die passenden Bücher zusammen. Da ist zum Beispiel der Kurs „NähBar“. Dort können schon Kinder spielerisch an das Nähen herangeführt werden mit dem Ziel, dass sie nicht alle Textilien wegwerfen, sondern im Sinne der Nachhaltigkeit ihnen ein zweites Leben ermöglichen, zum Beispiel als Puppenkleider.
Auch das Repair-Café soll dem Trend, Altes durch Neues zu ersetzen, ohne eine Reparatur anzustreben, entgegenwirken. Zu den Dingen, die seit Samstag ausgeliehen werden können, gehört ein vermutlich rund 50 Jahre alter Helfer aus Holz, mit dem man Flaschen verkorken kann. Auch ein kleines Werkzeug-Set für den Gelegenheits-Handwerker ist zu haben. Wer braucht schon zehn Taschenlampen? Vielleicht eine Mutter, die für den Kindergeburtstag eine Nachwanderung plant. Sie kann die Lichtquellen jetzt einfach ausleihen. Eine T-Shirt-Druckmaschine ist ebenso im Bestand wie eine Polaroid-Sofortbildkamera und außergewöhnliche Backformen wie eine in der Form der Raupe Nimmersatt. Der Fahrradwerkzeugkoffer hilft, den Drahtesel auf Vordermann zu bringen, ohne Geld für Werkzeug auszugeben, das an 360 Tagen im Jahr irgendwo ungenutzt herumliegt. Die Verleih-Bar wird nach und nach erweitert.
Vor allem bei den technischen Geräten ist noch jede Menge Luft nach oben. Wer Dinge hat, die sich in tadellosem Zustand befinden, kann sie in der Stadtbibliothek vorbeibringen, sodass das Angebot immer größer wird. Wer weiß, wann Michael Hohlmann seinen „Gartenspecht“ findet. Ihm ist bewusst, dass es sich dabei um ein sehr seltenes Gartengerät handelt. Und die „Neuss Agenda 21“ hat den Traum vom eigenen Leih-Laden noch nicht ausgeträumt. Für Christine Vogel würde so ein Laden das Projekt Leih-Bar unter dem Dach der Stadtbibliothek nicht überflüssig machen.