SPD und CDU in Neuss sammeln Bürgeranregungen Im Sommer dem Wähler auf der Spur

Meinung | Neuss · Schreibt uns, ruft uns an, postet hier - SPD und CDU starten in der „Sommerpause“ Aktionen, um Bürgeranregungen und -anliegen einzusammeln. Was bringt’s? Ein Kommentar.

 SPD und CDU sammeln im Sommer Bürgeranregungen.

SPD und CDU sammeln im Sommer Bürgeranregungen.

Foto: Screenshot Facebook SPD und CDU Neuss

Politische Sommerpause in diesen Zeiten? Ukraine, Inflation, Energiekrise und immer noch Corona, da kann sich der Bundestag formal in den Sommer verabschieden wie er will, die politische Diskussion geht weiter. Von wegen Sommerloch. In Neuss versuchen SPD und CDU unterdessen gleichermaßen, auch in der „Sommerpause“ Aktivität zu demonstrieren. „Wo drückt der Schuh?“ nennen die Sozialdemokraten ihre Aktion. Per Facebook, E-Mail oder Telefon sollen Neusser Verbesserungsvorschläge für ihre Stadt einreichen.

Nur wenig später geht die CDU mit dem „Ideensommer“ an den Start. „Was kann Neuss von Euren Urlaubsorten lernen?“ fragen die Christdemokraten und rufen auf, bei Facebook entsprechende Fotos zu posten, von tollen Fahrradwegen oder Spielplätzen zum Beispiel. Paradebeispiel im Ankündigungstext der SPD ist ein schief stehendes Verkehrsschild an der Stadthalle. Der Anwohnerhinweis wurde aufgegriffen, so heißt es, und „gemeinsam mit der Stadtverwaltung“ sei der Schaden behoben worden. Ein schöner Erfolg.

Was wäre ohne die Aktion passiert? Die Stadt hätte das Schild krumm und schief verrotten lassen? Niemand hätte es bemerkt? Ein Bürgerhinweis direkt ans (SPD-geführte) Rathaus wäre unbeachtet geblieben? In der Regel sicher nicht. Aber es gibt eben auch die Ausnahmen. Dass auch die SPD hier einen Bedarf sieht, bestärkt uns, dass Angebote wie der NGZ-Bürgermonitor, der in den Kommunen mitunter als „nervig“ empfunden wird, so falsch nicht sein können. Was auch immer hilft, damit Neuss noch Stück schöner und lebenswerter wird, immer her damit.

Die CDU setzt unterdessen aufs Belohnungsprinzip und den Spieltrieb: Die Einsender der Fotos mit den meisten Facebook-Likes dürfen sich über einen Einkaufsgutschein freuen. Erste Reaktionen: Eine begeisterte Schilderung sauberer Grünflächen, blitzsauberer Straßen, toleranter Menschen und Geschäften mit Sonntagsöffnungszeiten. Das erste Foto zeigt einen Grill mit Schnecken und Meeresfrüchten über glühender Kohle. Gut. Da ist – rot wie schwarz – noch Luft nach oben. Dass sich die beiden großen Parteien um Bürgernähe bemühen, ist natürlich mehr als richtig. Vertrauen in Politik entsteht am besten an Basis.

Und dieses Vertrauen ist ausbaufähig, wie geringe Wahlbeteiligungen immer wieder zeigen. Der kleine rot-schwarze Sommer-Wettstreit ist deshalb nicht falsch. Spätestens nach der Sommerpause werden viele Fragen auch an die Kommunalpolitik allerdings vermutlich in ganz andere Richtungen zielen. Die ganze Härte der Folgen des Ukraine-Krieges wird erst im Herbst und Winter deutlich werden, wenn sich die finanziellen Lasten richtig in den Haushaltskassen niederschlagen.

Dann die richtigen Antworten zu finden und – bestenfalls parteiübergreifend – dafür zu arbeiten, dass die Gesellschaft solidarisch bleibt und nicht auseinanderdriftet, dass Existenzangst nicht die politischen Ränder stärkt, das wird – auch kommunal – eine echte Bewährungsprobe. Der Sommer könnte die Zeit bieten, sich darauf vorzubereiten – und trotzdem auch einfach noch einmal Atem zu holen und Kraft zu tanken für das, was in den nächsten Monaten zu bewältigen ist. In diesem Sinne, liebe Wähler und Gewählte: Die Sommerpause ist da – machen Sie etwas daraus!

Dem Autor können Sie gerne per Mail eine Rückmeldung geben.

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