Neujahrskonzert in der Neusser Stadthalle Temperamentvoll ins neue Jahr

Neuss · Beim anspruchsvollen Neujahrskonzert in der Stadthalle fiel vor allem der Gastdirigent mit seiner Dynamik auf.

 Gastdirigent des seit Wochen ausverkauften Neujahrskonzertes in der Stadthalle war der aus Polen stammende Geiger Radoslaw Szulc.

Gastdirigent des seit Wochen ausverkauften Neujahrskonzertes in der Stadthalle war der aus Polen stammende Geiger Radoslaw Szulc.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Selten hat die Deutsche Kammerakademie Neuss (DKN) unter einem derart temperamentvollen Dirigenten gespielt. Gastdirigent des seit Wochen ausverkauften Neujahrskonzertes in der Stadthalle war der aus Polen stammende Geiger Radoslaw Szulc (gesprochen „Schulz“), der nicht nur 1. Konzertmeister des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks ist, sondern seit seinem sensationellen England-Debüt 2007 als Dirigent inzwischen renommierte Orchester wie die Bamberger Symphoniker, das Orchestre de Cambre de Lauisanne oder das MDR-Sinfonieorchester leitete.

Nun also auch die Deutsche Kammerakademie. Mit extremer Dynamik und vitaler Körpersprache ging er quasi auf jede einzelne Instrumentengruppe ein, das komplette Programm auswendig dirigierend. Die DKN spielte in großer sinfonischer Besetzung zum Auftakt die Ouvertüre zur Operette „Die Fledermaus“ von Johann Strauß (Sohn). Das reine Kammerorchester war dann in der skurrilen „Pizzicato-Polka“ ebenfalls von Strauß junior und seinem Bruder Josef verfasst, als zupfendes Streichorchester zu hören. Natürlich fehlte auch der „Kaiserwalzer“ nicht, den Radoslaw Szulc mit in Tempo und Übergängen ungewohnter Variabilität zum neuen Hörerlebnis machte.

„So klingt nur Neuss am Rhein!“, sagte Moderator Daniel Finkernagel, der seit vielen Jahren beliebter Begleiter der DKN-Konzerte im Rosengarten und zu Neujahr ist. Etliche Besucher geben unumwunden zu, dass sie diese Konzerte besonders auch wegen seiner mit vielen heimischen Bonmots versehenen Moderation besuchen. Um die Schnell-Polka „Unter Blitz und Donner“ einzuleiten, nahm er das Publikum mit in eine Schulstunde: „Wie berechnet man die Entfernung des Gewitters, Schüler Hermann (Gröhe)?“ – „Keine Antwort ist auch eine Antwort!“ – „Wie schnell ist der Schall, Schülerin Christiane (Zangs)?“ Wegen unbefriedigender Antworten gab es zwei Stunden Nachsitzen beim Neujahrskonzert am 12. Januar 2020.

Nicht nur in der Pause konnten die Zuhörer den kreativen Blumenschmuck bewundern, mit dem Gartenkunst Bender die Bühne großflächig dekoriert hatte. „Das erinnert mich an die aufwändige Dekoration der großen Fernsehshows in den 70iger Jahren“, sagte Richard Palermo (46), Protokollchef im Bürgermeisteramt.

Die Deko passte aber zu der Musik nach der Pause. Erstmals spielte die DKN eine ganze Sinfonie im Neujahrskonzert, zudem die schwergewichtige „Sinfonie Nr. 9 – Aus der neuen Welt“ von Antonìn Dvorák. Das 50-minütige Werk war manchen Zuhörern zu lang, andererseits gab es viel Lob. „Das war spannend, vor allem in der Klasse, mit der die DKN dieses große Werk interpretiert hat“, fand Willy Lohkamp (78), der sich als Kreistagsabgeordneter auch um Kultur kümmert. Und während im ersten Teil die DKN „nicht richtig in die Pötte kam – Walzer müssen emotionaler gespielt werden –, war die Sinfonie ganz wunderbar“, resümierte Elke Hostertz (75).

Am Ende des Konzerts sorgte der „Radetzky-Marsch“ von Johann Strauß (Vater) als Zugabe für jubelnden Applaus.

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