Neusser Einsatzkräfte rangen mit dem Tod So erlebten die Feuerwehrmänner das Inferno in Weckhoven

Neuss · Bei einem Einsatz wurden die Feuerwehrmänner René Königstein und Marc Kremers schwer verletzt. Nun schuften sie für ihre Rückkehr.

Als René Königstein "Mayday! Mayday!" ins Funkgerät brüllt, ist es fast zu spät. Sekunden nachdem der 36-Jährige den Notruf an seine Kollegen absetzt, wird er wegen der unerträglichen Hitze ohnmächtig. Auch sein Kollege Marc Kremers (25) verliert das Bewusstsein, weil es Komplikationen mit seinem Atemluftgerät gibt.

Es ist der Abend des 28. Dezember 2017, als sich diese Szenen in Weckhoven zutragen. Es klang wie ein vermeintlicher Routineeinsatz, als die Feuerwehr zu einem Brand im Keller eines unbewohnten Neubaus des Neusser Bauvereins an die Hülchrather Straße gerufen wird. Königstein und Kremers - die Atemschutztruppe - steigen in den Keller, um sich ein Bild von der Lage zu verschaffen. Doch unten angekommen wird die Lage unübersichtlich. "Es wurde immer heißer. Man konnte nichts sehen, wir haben versucht, uns vorzutasten", sagt Kremers. Königstein erinnert sich: "Bei den hohen Temperaturen hat der Kopf nicht mehr mitgespielt. Ich wusste nicht mehr, wo vorne und hinten ist." Sekunden nach Königsteins Notruf wird das Duo von seinen Kollegen aus dem Keller befreit und vom Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht.

Rauchgasvergiftung, Verbrennungen ersten Grades, Muskelzersetzung, Multiorganversagen - künstliches Koma. Erst nach siebeneinhalb Wochen kann Kremers das Krankenhaus wieder verlassen. Königstein erleidet an 20 Prozent seiner Körperfläche Verbrennungen dritten Grades. Fünf Operationen muss er in den Wochen nach dem Unfall in Spezialkliniken über sich ergehen lassen.

Doch die schrecklichen Wochen, in denen sie ans Krankenbett "gefesselt" waren, sich kaum bewegen konnten und schon fürs Kopfkratzen fremde Hilfe benötigten, sind Vergangenheit. "Ich habe keine Schmerzen mehr. Mir geht es wieder richtig gut", sagt Kremers, der seit 2015 bei der Neusser Feuerwehr ist. Einen Zeitpunkt für sein Berufscomeback könne er noch nicht planen. Aktuell muss er dreimal wöchentlich zur Physiotherapie, um die zersetzte Muskelmasse wieder aufzubauen. In seiner Krankenhauszeit verlor er 20 Kilogramm.

Königsteins Rückkehr-Pläne sind konkreter. Zwar dauere es noch "ein paar Monate", bis die Verletzungen verheilt sind, "aber ich habe das Ziel, Weihnachten wieder hier zu sein". Mit "hier" meint er die Hauptwache am Hammfelddamm. Bevor es wieder losgehen kann, stehen auch bei ihm Muskelaufbau und Ausdauertraining auf dem Programm. "Wir müssen nicht nur gesund, sondern auch fit sein", sagt der 36-Jährige, seit 17 Jahren hauptberuflicher Feuerwehrmann.

Doch der Körper ist die eine Komponente in dem Beruf - mindestens ebenso wichtig ist der Kopf. Beide wissen, dass der Tag irgendwann kommen wird, an dem sie in einen ähnlichen Einsatz involviert sein werden, wie jenem am 28. Dezember 2017. "Es wird garantiert dazu kommen", sagt Königstein, der sich wie Kremers psychologisch betreuen lässt. "So eine Nahtoderfahrung lässt einen nicht kalt", sagt er. Doch ein Ausscheiden aus dem Beruf kommt für beide nicht in Frage. Sie wollen auch in Zukunft Menschenleben retten - so wie sie einst gerettet wurden.

(jasi)
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