Ron Nagels Ein Kickboxer mit Handicap

Neuss · Ron Nagels fehlen seit seiner Geburt die Unterarme. Doch das hält ihn nicht davon ab, mehrmals die Woche am Box-Training teilzunehmen.

 Ron Nagels (l.), hier mit seinem Trainer Sensai Sam, fehlen seit der Geburt die Unterarme, seine Arme enden unter dem Ellenbogen.

Ron Nagels (l.), hier mit seinem Trainer Sensai Sam, fehlen seit der Geburt die Unterarme, seine Arme enden unter dem Ellenbogen.

Foto: Georg Salzburg(salz)

Mit seiner Beinarbeit und gezielten Schlägen hält Ron Nagels seinen Trainer Sensai Sam auf Abstand. Erst nach genauerem Hinsehen fällt auf – irgendetwas ist anders. Nagels fehlen seit der Geburt die Unterarme, seine Arme enden unter dem Ellenbogen mit jeweils zwei Fingern, doch das hindert ihn nicht seiner Leidenschaft, dem Boxen, nachzugehen. Zusammen mit seinem Trainer arbeitet er an seinem großen Traum: Er möchte endlich seinen ersten Kampf bestreiten.

Die beiden kennen sich seit über zehn Jahren. „Ich habe ihn öfter draußen gesehen, er fällt auf, nicht nur durch sein Handicap, sondern viel mehr durch seine positive Art und seine Sportlichkeit“, erzählt sein Trainer Sam. Er arbeitet seit 2001 als Sportpädagoge und leitet Gewaltpräventions- und Selbstverteidigungsprogramme an Neusser Schulen und gibt Einzel- und Gruppenstunden. Ron Nagels holte er in eine seiner Kickbox-Gruppen. „Er hat mich damals einfach angesprochen und zum Training eingeladen. Das hat direkt Spaß gemacht. Er mich dann zur Seite genommen und mit mir alleine trainiert“, erzählt Nagels, so habe er schnell gelernt seine Stärke – die Beinarbeit – richtig einzusetzen. „Ich habe einfach gemerkt, dass er das gebraucht hat, die sportliche Unterstützung und auch privat, einen Wink in die richtige Richtung, und das obwohl er gut im Alltag schon gut klar kam“, so Sam. „Er hat mir geholfen, meinen Weg zu finden und ihn zu gehen, jetzt habe ich einen Job und eine feste Freundin“, sagt Nagels. Er fühle sich wohl in der Trainingsgruppe, die bunt zusammen gewürfelt sei, alle sozialen Schichten trainieren gemeinsam. „Pflicht ist es, dass das Training einmal die Woche draußen stattfindet – egal bei welchem Wetter – die Leute sollen sehen, was wir machen“, so Sam.

Ihm ist es wichtig, dass seine Schützlinge mit einer positiven Einstellung durch das Leben gehen, an sich glauben und ihren Platz in der Gesellschaft finden. Die Basis sei ein gesundes Selbstbewusstsein, das man sich durch sportliche Aktivität erarbeiten könne.

„Ron ist klar, dass er eine geringere Reichweite hat, aber das heißt doch nicht, dass er deswegen keinen Spaß am Leben haben kann oder Kickboxen unmöglich ist – er kann nicht so weit schlagen, aber dafür umso härter kicken und vielleicht dreimal so hoch springen“, erklärt Sam. „Er ist ein Energiebündel und lebt den Optimismus vor, ein Vorbild für uns alle“, fügt er hinzu. „Mit der richtigen Denkweise und ein bisschen Unterstützung, zum Beispiel durch den Trainer, fällt der Alltag schon einfacher, vor allem, wenn es die Jugendlichen nicht so leicht haben. Denen hilft das hier, zum Beispiel aus Mobbing-Situationen heraus zu kommen“, erklärt der Trainer.

Sam und Nagels, deren Verhältnis über die sportliche Zusammenarbeit hinausgeht, bezeichnen sich als „ziemlich beste Freunde“. Anhand der Behinderung von Ron Nagels wollen sie darauf aufmerksam machen, dass sich Menschen mit Behinderung keineswegs einschränken müssen. Gemeinsam sind sie dabei, den Traum vom ersten Kampf zu verwirklichen. „Schlagen kann ich, kicken auch – wir arbeiten gerade an meiner Deckung und den Ausweichbewegungen. Eine Technik, damit ich die geringere Reichweite kompensieren kann, wir sind auf einem guten Weg“, sagt Nagels.

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