Rheinisches Landestheater Neuss „Wir schreiben als Schauspieler“

Neuss · Lutz Hübner und Sarah Nemitz haben das Stück „Die Wahrheiten“ verfasst und kommen zur Premiere ins Landestheater. Dort wird die Inszenierung von Tom Gerber am kommenden Samstag gezeigt.

 Das Autorenpaar Lutz Hübner und Sarah Nemitz hat das Stück „Die Wahrheiten“ verfasst.

Das Autorenpaar Lutz Hübner und Sarah Nemitz hat das Stück „Die Wahrheiten“ verfasst.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Kennen- und liebengelernt haben sie sich am RLT. Als Schauspieler waren Lutz Hübner (heute 58) und Sarah Nemitz (heute 58) damals engagiert. Irgendwann zwischen 1990 und 1993 hat es dann so zwischen den beiden gefunkt, dass sie noch heute zusammen sind. In Berlin wohnt das Paar, hat eine Tochter und ist seit 1994 verheiratet. Und er gehört zu den am meisten an deutschen Bühnen gespielten zeitgenössischen Autoren.

Aber dass die Aufführung ihres gemeinsamen neuen Stückes „Die Wahrheiten“ nun so etwas wie die Rückkehr zu den eigenen Wurzeln bedeutet, verneinen beide. Obwohl es etwas Besonderes sei, dorthin zurückzukehren, wo sie sich einst kennengelernt hätten, sagt Hübner. Für ihn ist es nicht das erste Mal, denn schon von vier Jahren war Hübner Vortragsredner und Gast zum 25-jährigen Bestehen des RLT-Fördervereins. Aber dass dort, „wo alles angefangen hat“, ein neues Stück der beiden gespielt wird, sei ein „sehr, sehr schönes Gefühl“, sagt er.

Es ist die „vierte oder fünfte“ (Hübner) Inszenierung von „Die Wahrheiten“ – genauer kann das auch RLT-Dramaturg Alexander Olbrich nicht sagen –, die am kommenden Samstag in der Regie von Tom Gerber im RLT gezeigt wird. Ein wenig anders, als Hübner und Nemitz das Stück geschrieben haben, denn laut Olbrich beginnt die RLT-Inszenierung nicht mit dem ersten, sondern mit dem dritten Akt. Als sich Sonja und Jana heimlich treffen, und Erik und Bruno versuchen, zu erklären, warum Jana und Erik per SMS die Freundschaft zu Sonja und Bruno gekündigt haben. Hübner und Nemiz haben ihr Stück anders anfangen lassen: Sonja und Bruno rätseln, was hinter der Schluss-SMS von dem befreundeten Paar Erik und Jana stecken könnte...

Aber das Autorenpaar hat sich eine Probe angeschaut und ist von der Herangehensweise des Regisseurs sehr angetan. „Ein Stück ist nur Material“, sagt Hübner und Nemitz ergänzt: „Es ist immer eine Form von Teamarbeit.“ Was auch Olbrich bestätigt, der von dem „regen Austausch“ mit dem Autorenpaar spricht.

Teamarbeit wird auch im Hause Hübner/Nemitz groß geschrieben. Man redet „viel miteinander“, sagt Nemitz, robbe sich langsam an ein Thema heran. Geschrieben wird dann wechselseitig, jeder liest den anderen. Dass „Die Wahrheiten“ einerseits von der „Me too“-Debatte beeinflusst ist, will Sarah Nemitz gar nicht abstreiten. Aber andererseits gehe es um Vertrauen, um Freundschaft und Missverständnisse, sagt sie und anwortet auf die Frage, ob auch viel von der eigenen Ehe eingeflossen sei, zusammen mit ihrem Mann unisono mit einem klaren „Nichts! Überhaupt nichts!“ Viele Themen aber kämen durch viele „persönliche Gespräche“ zusammen, sagt sie dann noch.

Anfangs hatte Nemitz noch Probleme, ihren Namen unter ein Stück zu setzen, das sie gemeinsam mit ihrem Mann verfasst hatte. Denn war er nicht derjenige, der von Beginn an schrieb? Schon 1998 mit dem Deutschen Jugendtheaterpreis für „Das Herz eines Boxers“ ausgezeichnet wurde? Überhaupt so viel Erfolg hatte an den deutschen Bühnen? Vor acht Jahren dann erschien „Hotel Paraiso“, erstmals mit ihrem Namen als Ko-Autorin. Das hat nichts mit Koketterie zu tun, sondern passt zu einer Frau, „mit der ich eigentlich schon immer zusammengearbeitet habe“, sagt Hübner, der damit auch die „Genese des Autorenbegriffs“ erklärt.

Mehr als 30 Stücke haben die beiden inzwischen seit etwa Mitte der 2000er Jahre gemeinsam verfasst. Darunter ist auch das Theaterstück „Frau Müller muss weg“, das als Film mit dem Drehbuch von Hübner und Nemitz 2015 den Bayerischen Filmpreis bekam.

Die beiden haben „Die Wahrheiten“ (als Auftragsstück für die Uraufführung in Stuttgart) ebenso wie alle anderen Stücke „als Schauspieler“ (Hübner) geschrieben. Aber dass die beiden noch einmal auf der Bühne zu erleben sind, kommt weniger in Frage. „Ich kann es mir nicht vorstellen“, sagt Nemitz, während Hübner zwar sagt, dass das Schreiben eines Stücks ein „anderes strukturelles Denken“ fordere, aber zugleich auch von der Sehnsucht spricht, mal wieder auf einer Bühne zu stehen: „Es ist etwas Besonderes.“

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