Kabarett in Neuss Der Mond leuchtet über der „Rathauskantine“

Neuss · Das Kabarettformat des Theaters am Schlachthof beschäftigt sich mit diversen Jubiläen – wie der Mondlandung vor 50 Jahren.

 Franka von Werden als Gast in der „Rathauskantine“.

Franka von Werden als Gast in der „Rathauskantine“.

Foto: Monique Latour

Das eigene Jubiläum – 25 Jahre Theater am Schlachthof (TaS) – mag das Neusser Kabarett-Ensemble zur 23. Ausgabe der „Rathauskantine“ beflügelt haben. Es gibt viel zu feiern in diesem Jahr: 70 Jahre Grundgesetz, 100 Jahre Frauenwahlrecht, „gleichzeitig mit der Gründung der Volkshochschule Neuss“, den 500. Todestag von Leonardo da Vinci, den 50. Jahrestag der Mondlandung, 50 Jahre Woodstock und einiges mehr. Jens Spörckmann, in der „Kantine“ der Stadtarchivar Alfred Sülheim, scheint sich durchgesetzt zu haben, denn die 23. Ausgabe heißt „Der Mond über Neuss“.

Er unterschätzt allerdings seine Gegenspielerin Stefanie Otten, die als Controllerin Simone Strack den besseren Draht zum Bürgermeister hat. Sie ist für ein Woodstock-Festival und hat bereits Honey & Moon nach Neuss eingeladen. Honey – als Gast Franka von Werden – hat weit zurückliegende Wurzeln in Neuss, ihr Gitarrist Moon (Markus Andrae) ist ja immerhin auch der Neusser Regisseur in der „Kantine“.

Der Stadtarchivar hat herausgefunden, dass die Mondlandung ohne Schrauben von Bauer & Schauerte 1969 nicht möglich gewesen wäre. Aber ohne Komplikationen ging das auch nicht: „Hoisten, wir haben ein Problem!“ Das waren aber auch schon die lokalen Anspielungen.

Stattdessen herrschte große Politik im kleinen TaS. Zu Christian Lindner („Weniger als Nichts kann man nicht machen!“), zur CDU („Hier werden keine Meinungen gemacht, sondern Stimmungen.), zu AKK, den Parteien SPD und AfD – alle bekamen eine fette Breitseite. Der Höhepunkt waren die RaKa(ntinen)-News, mit einer bestens aufgelegten Franka von Werden als Polit-Psychologin zur Europa-Wahl und als Englandkorrespondentin zum Brexit.

Beide Frauen, auch Stefanie Otten, glänzten mit tollen schauspielerischen Leistungen. Jens Spörckmann überzeugte als zumeist grummeliger Archivar und hielt trotz Problemen mit seiner Stimme bis zum Ende der Vorstellung scheinbar mühelos durch. Markus Andrae blieb der schweigsame, aber gute Gitarrist im Hintergrund. Er begleitete die „exaltierte Rockröhre“ Franka von Werden, die als Honey mit etlichen Songs begeistern konnte und zugleich Mondjubiläum und Woddstock vereinte.

Vom „Walking on the Moon“, dem The Police-Reggae-Rock über David Bowies Weltraum-Ballade „Space Oddity“ bis zu „Drops of Jupiter“, ein Lied der Rockband „Train“, reichte ihr überirdisches Repertoire. Ein Kritiker meinte zu „Drops of Jupiter“, das könne nur eine Stimme gestalten, die „vor Leidenschaft und Persönlichkeit schimmert“. Er muss Franka von Werden gekannt haben.

Zum Schluss durfte sogar das Publikum Peter Schillings „Major Tom“ mitsingen: „Völlig losgelöst von der Erde schwebt das Raumschiff“. Dazu passte der allerdings ein wenig lang geratene Ausschnitt (Technik: Monique Latour) aus dem Stummfilm des französischen Science-Fiction-Pioniers Georges Méliès „Die Reise zum Mond“ (1902). Der Kommentar von Markus Andrae zum Film machte aber auch die Überlänge zum Vergnügen.

Info Blücherstraße 31, weitere Aufführungen im TaS am kommenden Wochenende (21., 22. und 23. Juni), Karten unter 02131 277499

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