Kreuzschule in Neuss Kinder üben Sozialkompetenz

Neuss · Ein Trainer des Vereins „Gewaltfrei lernen“ zeigte den Grundschülern an der Kreuzschule, wie sie Streit ohne körperliche und verbale Schikanen lösen und sich selbst behaupten können. Das Ziel: Konflikte sollen nicht eskalieren.

 „Gewaltfrei lernen“-Trainer Jan Spicher zeigt den Kindern an der Kreuzschule, wie sie sich in Konfliktsituationen verhalten sollten.

„Gewaltfrei lernen“-Trainer Jan Spicher zeigt den Kindern an der Kreuzschule, wie sie sich in Konfliktsituationen verhalten sollten.

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Die „Stopp-Regel“ beherrscht Christina aus dem Effeff. „Halt, hör‘ auf, lass mich los, ich will das nicht“, ruft die Siebenjährige laut, und sieht ihrer Klassenkameradin Mirella, die ihr an die Schultern packt, dabei fest in die Augen. Mirella lässt von ihr ab und Christina geht auf Sicherheitsabstand. „Gut gemacht“, lobt Gewaltfrei-lernen“-Trainer Jan Spicher. Die beiden Zweitklässlerinnen sind nämlich nicht wirklich aneinander geraten, sondern üben, wie sie einen echten Streit auf dem Pausenhof oder im Klassenraum ohne körperliche Gewalt, Beleidigungen oder Wutausbrüche lösen oder sogar ganz vermeiden können.

„Spaßkämpfe sind bei Grundschülern sehr beliebt“, sagt Lehrerin Barbara Schieffer. Auch, weil ein solches Gerangel leicht eskalieren und zu ernsthaften Verletzungen führen kann, hat sich die Kreuzschule, wie bereits mehrere Schulen im Rhein-Kreis, für ein Anti-Konflikt-Training des Kölner Vereins „Gewaltfrei lernen“ entschieden. „Wir wollen die sozialen Aspekte im Schullalltag, die bei uns schon existieren – Streitschlichter, Klassenrat oder das Schülerparlament – mit dem Training ausbauen und allen Schülern zugänglich machen“, sagt Schulleiterin Ute Müller. So erfahren alle 250 Schüler in drei 90-minütigen Schulungen mit Jan Spicher die wichtigsten Regeln zum konfliktfreien Umgang miteinander. „Der Streit soll nicht größer, sondern kleiner werden und gewaltfrei bleiben“, erklärt er.

Heute ist die Klasse 2a an der Reihe. Die 21 Mädchen und acht Jungen stellen sich im Kreis auf. Um einen Angriff abzuwehren, brauchen alle Kinder ihre „Gecko-Hände“ – die Hände nach vorne ausstrecken, die Finger spreizen und eine eindeutige Botschaft an den Angreifer richten, erklärt Trainer Jan Spicher. „Halt, tritt mich nicht“, „Stopp, zieh mir nicht an den Haaren“, „Hör‘ auf mich zu kneifen“. Jeden Satz spricht erst ein Schüler alleine, dann sagen ihn alle gemeinsam. Selbstbehauptung soll insbesondere schüchterne Schüler in ihrer Persönlichkeit stärken, sagt Spicher. „Die erste Waffe ist eure Körperhaltung, die zweite der Laserblick, die dritte die Bohrerstimme“, bringt der 37 Jahre alte Diplomsportwissenschaftler und Yogalehrer den Zweitklässlern bei. Anschließend erfahren die Kinder ein Geheimnis, das eigentlich keines sei, so Spicher. „Jeder von uns ist etwas Besonderes – jeder ist ein Schatz. Jedes Kind soll sich auf diese Weise selbst und auch alle anderen wertschätzen und niemanden ausgrenzen“, erklärt der Trainer.

Unterstützt wurde die Kreuzschule bei der Finanzierung des mehr als 6000 Euro teuren Trainings von der Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank West. Die Stiftung hat bereits mehr als 160 Schulen in NRW bei der Finanzierung des „Gewaltfrei lernen“-Projekts unterstützt. Das Besondere: Nicht nur die Schüler nehmen teil, sondern der Verein holt auch Lehrer, OGS-Mitarbeiter und Eltern mit ins Boot.

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